Umwelt in Erkrath Was Unterhosen über den Boden verraten

Erkrath · Der im Frühjahr gestartete Feldversuch am Naturschutzzentrum Bruchhausen und in der Erkrather Umgebung beendet. Die damals vergrabenen Biobaumwollunterhosen wurden wieder ausgegraben.

 Test am Naturschutzzentrum Bruchhausen: So sahen die Unterhosen nach ihrer Zeit im Erkrather Boden aus.

Test am Naturschutzzentrum Bruchhausen: So sahen die Unterhosen nach ihrer Zeit im Erkrather Boden aus.

Foto: Naturschutzzentrum Bruchhausen

Zwischen dem Alltagsnutzen und der Bodenbeschaffenheit besteht in diesem konkreten Fall ein unlösbarer Widerspruch: Die Aktion „Fair graben – Beweisstück Unterhose“ wurde vor Kurzem beendet. Während der normale Nutzer größten Wert auf eine möglichst unzerstörte Unterbekleidung legt, werden Naturschützer erst beim Gegenteil richtig froh. Sehr simpel ausgedrückt: Je kaputter die Unterhose, desto mehr Leben und damit Kraft steckt in einem Boden.

Aber der Reihe nach: Im Frühjahr wurden vom Naturschutzzentrum Bruchhausen sowie von mehreren Schulen, Kitas und anderen Institutionen aus der Umgebung jeweils zwei Biobaumwollunterhosen an unterschiedlichen Orten im Kreis Mettmann vergraben (wir berichteten). Ziel war zu beobachten, auf welche Art und Weise sie in verschiedenen Böden von Bodenlebewesen zersetzt werden. Durch den Zustand der Unterhosen nach ein und zwei Monaten kann eine Aussage zur Gesundheit des Bodens getroffen werden.

Hintergrund dieses Feldversuchs ist das Großprojekt „Beweisstück Unterhose“ aus der Schweiz. Dabei vergruben über 1400 Privatgärtner und Landwirte 2021 in der Schweiz jeweils zwei Baumwollunterhosen, sechs Grünteebeutel und sechs Rooibuschteebeutel. Und das nicht etwa, weil die Schweizer etwas gegen Unterhosen oder Teebeutel haben, sondern weil es sich dabei um preiswerte, überall standardisierte Materialien handelt, die miteinander verglichen werden können. Das Projekt wurde begleitet von der Universität Zürich gemeinsam mit dem Agroscope, dem Kompetenzzentrum der Schweiz für landwirtschaftliche Forschung.

 So bunt leuchtete die Grünanlage an der Sedentaler Straße. Die Vielfalt der Pflanzenarten ist ein erstes Zeichen für die Beschaffenheit des Boden. Wie genau es um die Bodenbeschaffenheit bestellt ist, zeigte jetzt ein Feldversuch.

So bunt leuchtete die Grünanlage an der Sedentaler Straße. Die Vielfalt der Pflanzenarten ist ein erstes Zeichen für die Beschaffenheit des Boden. Wie genau es um die Bodenbeschaffenheit bestellt ist, zeigte jetzt ein Feldversuch.

Foto: Stadt Erkrath

2022 in Erkrath nahm sich Simona Grothkast, Lehrerin und Mitarbeiterin im Naturschutzzentrum Bruchhausen des Themas an. Sie motivierte neben den Umweltfreunden im Umkreis des Naturschutzzentrums zahlreiche Kinder, Jugendliche und Erwachsene, sich für das Thema Boden zu interessieren. Wie steht es um den Lebensraum Boden, der Grundlage für unser Leben und unsere Ernährung und wichtiger Teil des Klimaschutzes ist? So merkwürdig die Idee im ersten Moment auch klingt: Das Vergraben von Biobaumwollunterhosen ermöglicht den Beteiligten an solch einem Experiment einen direkten Zugang zum Thema „Boden“ und ein Verständnis von den Abbauvorgängen, für den teils sichtbare, teils für das Auge nicht mehr sichtbare Bodenorganismen zu bekommen. Und diesen Zusammenhang verstehen bereits Kindergartenkinder: Je kaputter die Unterhose nach ein bis zwei Monaten wieder ausgebuddelt werden kann, desto aktiver waren die Lebewesen und desto gesünder ist er, der zu untersuchende Boden.

Am Gymnasium am Neandertal in Erkrath zum Beispiel wurde das Projekt im Rahmen der Aktion mit der gesamten Jahrgangsstufe sieben durchgeführt. Die Schülerinnen und Schüler vergruben die Unterhosen an verschiedenen Stellen auf dem Schulgelände, etwa in einem Hochbeet. Zuerst war die Skepsis groß, aber in Zusammenhang mit der näheren Beschäftigung mit dem Thema Boden wurden den Jugendlichen die Zusammenhänge schnell deutlich. Mit großem Interesse untersuchen sie die Bodenproben biologisch, chemisch und physikalisch im Naturschutzzentrum Bruchhausen und verglichen die Ergebnisse mit dem jeweiligen Zersetzungsgrad der Unterhosen.

Mit dabei waren zum Beispiel das Berufskolleg Bleibergquelle und das Gut Hixholz in Velbert, das Konrad-Heresbach-Gymnasium in Mettmann, die GGS-Erkrath und das Gymnasium Hochdahl in Erkrath. Die Ergebnisse aller Teilnehmer an der Aktion wurden gesammelt und werden nun verglichen und ausgewertet.

Hier bringen die Schweizer wieder ihr Projektwissen aus dem vergangenen Jahr ein. Was bislang nur einer einfachen Sichtprobe unterzogen werden konnte, soll nun nach allen Regeln der Wissenschaft ausgewertet werden. Dafür gibt es sogar eine eigens programmierte App namens „Beweisstück Unterhose“ samt begleitender Webseite www.beweisstueck-unterhose.ch. Darüber wird nun der Zersetzungsgrad der in Erkrath zunächst ver- und dann wieder ausgegrabenen Unterhosen untersucht und die Rückschlüsse auf die hiesigen Bodenqualitäten allen Beteiligten und Interessierten zur Verfügung gestellt.

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