Erkrath Sie schenkt Senioren ein Lachen

Erkrath · Die Erkratherin Heike Becker ist ausgebildete Clownin. Als solche nennt sie sich "Finchen".

 Heike Becker verbreitet nicht nur als Clownin gute Laune - auch privat hat sie eine positive Lebenseinstellung und lacht gerne.

Heike Becker verbreitet nicht nur als Clownin gute Laune - auch privat hat sie eine positive Lebenseinstellung und lacht gerne.

Foto: Photographer: Briba

Die alte Dame ist dement. Verwirrt schaut sie sich in der Caféteria um und geht dann am Arm ihrer Pflegerin langsam und zielstrebig auf Heike Becker zu. "Dich kenne ich", sagt die hilfsbedürftige Seniorin bestimmt und sucht sichtbar nach Erinnerungen, nach Worten. Dann huscht plötzlich ein Strahlen über das faltige Gesicht. "Clown Finchen bist du", ruft die alte Dame und freut sich wie ein Kind.

Heike Becker lacht, so wie sie es eigentlich immer tut. Dass die 51-jährige Erkratherin eine innige Bindung zu "ihren" Senioren hat, ist sichtbar. Liebevoll drückt sie die zerbrechlich wirkende Bewohnerin an sich. "Tatsächlich ist es so", erklärt die ausgebildete Clownin, "dass auch die demenzkranken Bewohner mich ohne Clownskostüm und Schminke wiedererkennen." Verwunderlich ist das nicht: Heike Becker hat ein ganz besonderes Lächeln, ein ansteckendes Lächeln, bei dem die Augen strahlen.

Seit 2012 gehört das "Carpe Diem" in Haan zu einem der drei Seniorenheime im Kreis Mettmann, die Heike Becker alias "Clown Finchen" einmal im Monat besucht. "Als Finchen gehe ich dann auf die Stationen und hole jeden Patienten da ab, wo er gerade ist. Es geht um die Momentaufnahme, um die Frage, was kann der Einzelne jetzt gerade gebrauchen."

Wilma Carls lebt seit vier Jahren im Carpe Diem, sie hat im vergangenen Winter ihren Mann verloren. Die rüstige Seniorin erinnert sich noch gut an den damaligen Besuch von Finchen. "Das hat mir so gutgetan, denn mit Finchen muss man nicht nur lachen. Sie ist so herzlich, und ich konnte mit ihr über alles sprechen."

Clown Finchen ist mein zweites Ich und mein liebster Beruf, sagt Heike Becker, die im "normalen" Leben als Arzthelferin in Teilzeit tätig ist. Nach einem Clown-Schnupperseminar war für die Mutter einer erwachsenen Tochter schnell klar: Eine professionelle Ausbildung zum Clown lehrt mehr als bunte Fratzen, Kalauerwitze und Stolpern über überdimensional große Füße. "Ein Clown steckt in jedem von uns. Der Clown hat Aufforderungscharakter, Lachen ist immer ein Türöffner, der funktioniert. Während der Ausbildung muss man an eigene Grenzen gehen, Mut haben zur Lächerlichkeit, man erreicht Menschen über den Clown, an die man sonst nicht herankommt", schwärmt Heike Becker. Melanie Hölter, Leiterin vom sozialen Dienst im Carpe Diem, kann das nur bestätigen. "Wir haben hier Bewohner, die reden kein einziges Wort, wenn aber Finchen kommt, sprechen sie und zeigen im Ganzen viel mehr Aktivität."

Heike Becker hat viele Gesichter. Neben ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter, als Teilzeitberufstätige und als "Finchen", ist sie begeisterte Hobbyfotografin und liebt vor allem Porträts. "Mich begeistern spannende Gesichter, und wenn ich mich hier im Carpe Diem umschaue, so wächst in mir der Wunsch, auch einmal die alten Menschen hier zu porträtieren."

Heike Becker bezeichnet sich selbst als lebensfroh und optimistisch. Manchmal muss sie Rückschläge in ihrer Figur als Clown hinnehmen. "Ich bewerbe mich immer wieder bei Seniorenheimen und Krankenhäusern, und es ist unheimlich traurig, dass ich häufig Absagen bekomme, weil angeblich kein Geld vorhanden ist - dabei weiß man doch, wie wichtig Lachen für den Menschen ist." Aber sie lässt sich von Fehlschlägen nicht unterkriegen, im Gegenteil. "Mein Motto ist: genieße den Tag - Carpe Diem."

(RP)
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