Alt-Erkrath Schreinerei nach Hochwasser wieder hergestellt

Erkrath · Die gewaltige Flutwelle Mitte Juli hat auch den Betrieb von Familie Nicolay in Alt-Erkrath komplett unter Wasser gesetzt und lahmgelegt. Dank vieler Helfer läuft es wieder. Die Schreiner hoffen jetzt auf ein Frühwarnsystem.

 Können nach der über sie hereingebrochenen Katastrophe dank vieler Helfer wieder aufatmen: Sohn Lucas und Vater Frank Nicolay in ihrer wieder aufgebauten Werkstatt an der Bachstraße.

Können nach der über sie hereingebrochenen Katastrophe dank vieler Helfer wieder aufatmen: Sohn Lucas und Vater Frank Nicolay in ihrer wieder aufgebauten Werkstatt an der Bachstraße.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Als nach sechs Wochen die Kreissäge endlich wieder lief, habe er Gänsehaut bekommen, erzählt Lucas Nicolay. Das kreischende Geräusch war plötzlich reinster Wohlklang in den Ohren, denn es verhieß, dass der Betrieb weiterläuft, die Arbeit wieder in vertrauter Umgebung möglich ist. Bis dahin waren geschätzte 1500 Stunden Aufräumarbeit nötig, unterstützt von vielen, 20 bis 30 freiwilligen Helfern, die beherzt mit anpackten, um das Chaos, das die Flut hinterlassen hatte, zu ordnen.

Diese große, pragmatische Anteilnahme hat Vater Frank und Sohn Lucas Nicolay Kraft und Zuversicht gegeben. Beides war dringend nötig, denn nach dem Hochwasser war in der Werkstatt fast nichts mehr dort, wo es hingehört, waren Maschinen und Werkstoffe, größere und kleinste, im Schlamm versunken. Verursacht hatte dies alles die nahe Düssel, die zu einem reißenden Strom angeschwollen war, in einem gewaltigen Strudel über die Bachstraße preschte und auch Türen und Tore der in einer Kurve gelegenen Schreinerei mehr und mehr bedrängte.

„Uns blieb schließlich nichts anderes übrig, als alles zu öffnen und das Wasser durchlaufen zu lassen. Sonst wäre das Gebäude zerstört worden“, sagt Frank Nicolay. Ein Kubikmeter Wasser wiege eine Tonne – da sei eine Gewalt am Werk, die vorsorglich ausgelegte Sandsäcke nicht bremsen könnten.  Die Flutwellen hätten dann alles, was im Raum stand, zu einem riesigen Haufen verknäult, und am Ende einen Pegel von knapp 1,10 Meter erreicht.

Auch das angrenzende Wohnhaus der Nicolays blieb nicht verschont, an der Fassade sind immer noch Wasserflecken zu sehen. „Das Erdgeschoss war unbewohnbar, wir mussten in die erste Etage. Und hatten drei Tage lang keinen Strom“, erinnert sich Frank Nicolay an den wohl schlimmsten Tag in der langen Geschichte des Familienunternehmens. Wie weitermachen, zumal die Nicolays bis dahin zwar gegen Feuer (“Schreinereien brennen ab“), aber nicht gegen Hochwasser versichert waren?

Und der materielle Schaden ist groß, Frank Nicolay beziffert ihn allein für die Werkstatt auf rund 200.000 Euro. Wobei vor allem jene Großgeräte zu Buche schlagen, die durch das Wasser unbrauchbar geworden sind. Ältere wie zum Beispiel die kapitale Kreissäge hätten hingegen gerettet werden können: Motor ausbauen, trocknen, schmieren, neue Schalter einsetzen, weiter geht’s. Aber die modernen, elektronischen Geräte? „Alles nur noch Schrott“, sagt Frank Nicolay.

Doch es kam Hilfe in der Not, denn die Nicolays hatten zwar keine funktionierende Werkstatt mehr, aber ein volles Auftragsbuch. „Ein Kollege brachte mir schon am Tag nach der Flut den Schlüssel für seine Werkstatt vorbei, damit wir darin weiter arbeiten können. Einfach toll.“ Überhaupt sei auf die Hochwasserwelle eine Welle der Hilfsbereitschaft gefolgt, mit vielen Helfern, die geduldig Schräubchen für Schräubchen vom Schlamm befreiten, mit Nachbarn, die Töpfe mit dampfender Suppe vorbeibrachten, und einem Metzger, der Buletten spendierte. Stärkung für lange, 16-Stunden-Arbeitstage mit Aufräumen und Weiterschreinern.

 Alles schwimmt – so chaotisch sah es nach dem Einbruch des Hochwassers im Juli in den Arbeitsräumen der Nicolays aus.

Alles schwimmt – so chaotisch sah es nach dem Einbruch des Hochwassers im Juli in den Arbeitsräumen der Nicolays aus.

Foto: Nicolay

Heute sieht die Werkstatt an der Bachstraße fast schon wieder aus, als sei gar nichts passiert. „Unsere Arbeitskraft ist zu 90 Prozent wieder hergestellt“, sagen die Nicolays, die mittlerweile gegen Hochwasser versichert sind.  Was jetzt ganz dringend passieren müsse: Rückhaltebecken schaffen, das Düsselbett verbreitern, wo es möglich ist, und vor allem ein Frühwarnsystem aufbauen. „Wenn wir auch nur eine Stunde vorher gewarnt worden wären, hätten wir noch viele kleinere Geräte und Material in Sicherheit bringen können und damit mehrere tausend Euro weniger Schaden gehabt“, unterstreichen Frank und Lucas Nicolay.

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