Erkrath Kein Baum fällt ohne sein Gutachten

Erkrath · Rolf Lambrecht ist Garten- und Landschaftsarchitekt und Gutachter für die Verkehrssicherheit von Bäumen. In Erkrath darf kaum ein Laubbaum fallen, den er nicht kontrolliert hat. Die Hälfte aller Anträge auf Fällungen werden abgelehnt.

 Rolf Lambrecht untersucht für die Stadt Erkrath Bäume, hier an der Gerhard-Hauptmann-Straße.

Rolf Lambrecht untersucht für die Stadt Erkrath Bäume, hier an der Gerhard-Hauptmann-Straße.

Foto: Dietrich Janicki

Man könnte ihn auch als Baumretter bezeichnen. Denn von allen Bürgeranträgen zur Fällung in Erkrath befürwortet Rolf Lambrecht in der Regel nur die Hälfte. Die anderen bleiben meistens stehen, sagt er. Lambrecht ist Garten- und Landschaftsarchitekt sowie öffentlich vereidigter Sachverständiger, der für die Verkehrssicherheit von Straßenbäumen zuständig ist. Er hat nahezu jeden Straßenbaum der Stadt kritisch im Blick. "Probeweise fällen, um zu gucken, ob der Stamm wirklich morsch ist, das gibt es bei mir nicht", erklärt der Baumfreund. Und so bleibt manche Linde und Robinie stehen, die der Bürger gerne fallen sehen würde. "Wegen verstopfter Dachrinnen und lästigen Lindenblüten, befürworte ich keine Fällung", sagt er. Letztendlich entscheidet die Stadt auf Grundlage seiner Dokumentation.

Lambrecht lobt die Verwaltung in den höchsten Tönen wegen ihres umsichtigen Vorgehens. "Ich kenne viele Städte, und kaum eine ist so grün und investiert so viel Geld in ihre Anlagen", sagt er. In den kommenden Wochen werden in Erkrath beispielsweise fünf Platanen an der Gerhart-Hauptmann-Straße und eine an der Gerberstraße einer aufwendigen Standfestigkeitsprüfung unterzogen - letztlich mit dem Ziel, sie nicht unnötig zu beseitigen. Lambrecht überwacht die Aktion.

Ein starker Wind wird simuliert, indem man mit Seilen an Lkw an Kronen und Ästen zieht und gleichzeitig ein Messgerät, das mit Nadeln in den Stamm getackert wurde, Daten auf einen Computer überträgt. Der rechnet genau aus, wie standfest der Baum ist. Immerhin hat Rolf Lambrecht während seiner Tätigkeit als Gutachter in Gerichtsverfahren mit drei drastischen Folgen maroder Bäume zu tun. Zwei Menschen wurden getötet und einer ist nach einem Baumsturz querschnittsgelähmt. In den ersten Wochen nach dem Orkan war Lambrecht fast täglich vor Ort, um sich die Schäden anzusehen und die vielen Anträge der Bürger zu kontrollieren. In den letzten Tagen wird der Fachmann schon seltener gerufen. Langsam pendelt sich der normale Rhythmus wieder ein. Und Lambrecht kommt einmal pro Woche oder alle 14 Tage, um die gesammelten Fällwünsche der Erkrather auf Herz und Nieren zu prüfen. Für den Bürger kostet diese Kontrolle übrigens nichts. Sie wird über die Stadt vermittelt.

Erkrath, lobt Lambrecht, ist die Stadt mit den wenigsten Baumunfällen weit und breit. "Das kommt, weil hier jeder Baum zweimal begutachtet wird, einmal belaubt und einmal kahl", sagt er. Schon an der Blattfarbe und der Größe erkennt der Fachmann, ob da was im Argen ist und der Baum näher untersucht werden muss. "Holzzersetzende Pilze sieht man nicht unbedingt von außen", sagt er. "Der Schlimmste ist übrigens der Brandkrustenpilz, der bildet ein Geflecht an der Rinde, das aussieht, wird so ein alter Kaugummifleck auf Asphalt."

Seine Liebe zur Natur untermauert der Experte mit einem kleinen Bericht aus der Heimatstadt Bergisch Gladbach: "Ich habe da die Patenschaft für einen benachbarten Park übernommen. Der war total verwildert, und wir haben ihn von Brombeeren befreit und neu bepflanzt. Jetzt ist er super gepflegt, wurde eingeweiht und hat sogar einen Namen. "Nein", sagt er, "nach mir wurde er nicht benannt."

Aber so könnte Grünflächenpflege öfter funktionieren, meint er. Dass die Bürger nicht nur schimpfen, sondern auch mal selbst Hand anlegen.

(RP)
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