Justiz in Erkrath Zeuge entlastet den Angeklagten

ERKRATH/WUPPERTAL · Ein beschuldigter Tunesier soll im Jahr 2016 zum Zeitpunkt einer Vergewaltigung in Berlin gewesen sein. Mit dieser Aussage stützt ein Zeuge die Opferrolle des Angeklagten.

 Das Berufungsverfahren gegen einen in Erkrath lebenden Tunesier hat den 13. Verhandlungstag erreicht.

Das Berufungsverfahren gegen einen in Erkrath lebenden Tunesier hat den 13. Verhandlungstag erreicht.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der Prozess hatte mit einem Paukenschlag begonnen: Hat das Opfer die Vergewaltigungsvorwürfe erfunden, um sich im Sorgerechtsstreit um den gemeinsamen Sohn eines Vorteil zu verschaffen? Bereits im Februar 2020 war ein in Erkrath lebender Tunesier zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, der mittlerweile 28-Jährige soll seine 17 Jahre ältere, deutsche Ehefrau mehrfach sexuell genötigt und vergewaltigt haben.

Schon bei der ersten Verhandlung vor dem Landgericht hatte der Angeklagte die Taten vehement bestritten. Nachdem der Antrag auf Revision beim BGH erfolgreich war und der Prozess nun neu aufgerollt werden muss, ließ der Tunesier seine neu hinzugezogene Anwältin Andrea Groß-Bölting eine Erklärung verlesen, die es in sich hatte. Demnach sei es vielmehr dessen Ex-Frau als vermeintliches Opfer gewesen, die den erheblich jüngeren Mann in der ungleichen Beziehung habe kontrollieren wollen.

Mittlerweile ist auch die Neuauflage des Prozesses am 13.Verhandlungstag angelangt und das Gericht schürfte mühsam in der Erinnerung von Zeugen. Angereist waren die diesmal aus Berlin, und das bereits zum zweiten Mal. Im ersten Prozess hatte der Bekannte dem Tunesier für eine der angeklagten Taten ein Alibi gegeben, der 28-Jährige sei an besagtem Wochenende 2016 zu Gast bei ihm in Berlin gewesen. Weil ihm die Staatsanwaltschaft damals nicht geglaubt und ihn der Falschaussage bezichtigt hatte, läuft noch immer ein Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen.

Davon ungerührt, bekräftigte der Mann erneut das, was er auch schon bei seiner ersten Zeugenvernehmung gesagt hatte: Der Angeklagte sei an dem Wochenende bei ihm gewesen, an dem er vermeintlich seine Frau vergewaltigt haben soll. Die hatte das Datum später in einem Tagebuch notiert – die Aufzeichnungen waren von der Verteidigung schon mehrfach kritisch durchleuchtet worden. Dort zweifelt man im Übrigen auch die Glaubwürdigkeit des Opfers an, einen Antrag auf eine erneute psychiatrische Begutachtung lehnte die Kammer nun ab.

Derweil berichtete der aus Berlin geladene Zeuge von Streitigkeiten in der Ehe des Angeklagten, über die man auch miteinander gesprochen habe. Seinen Besuch in Berlin habe der 28-Jährige abbrechen müssen, weil ihn seine Frau zur Rückkehr in die gemeinsame Wohnung nach Erkrath gedrängt habe. Sie soll gesagt haben, sich andernfalls von ihm trennen zu wollen und mit Konsequenzen für sein Bleiberecht gedroht haben.

Bei dem Streit zwischen den Eheleuten sei es auch um die Beschneidung des Sohnes gegangen, die der Vater gewünscht habe. Und auch darum, dass der Angeklagte mit dem Kind traditionsgemäß habe auf dem Boden essen wollen und ihm gesagt worden sei, dort würden in Deutschland nur Hunde sitzen. Vermittlungsversuche seien fehlgeschlagen, die kulturellen Unterschiede seien unüberwindbar gewesen. Der Prozess wird fortgesetzt, weitere Zeugen sollen gehört werden.

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