Erkrath Inklusion: Schulen haben Nachholbedarf

Erkraths Behindertenbeauftragte Marion Kremerius hat schon viel erreicht. Aber es bleibt noch allerhand zu tun auf dem Weg zum barrierefreien Alltag.

 Eine behinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer inklusiven Schule.

Eine behinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer inklusiven Schule.

Foto: dpa/Holger Hollemann

Dafür, dass sie ehrenamtlich tätig ist, hat die städtische Behindertenbeauftragte Marion Kremerius eine ziemlich große Klientel: 7819 Einwohner mit einem anerkannten Schwerbehindertengrad ab 20 Prozent leben derzeit in der Stadt. Die meisten von ihnen, 4381 Personen, sind über 65 Jahre alt. Aber es gibt auch deutlich Jüngere, die durch eine Behinderung auf Hilfe angewiesen sind.

Da ist zum Beispiel der kleine Junge im Rollstuhl, der an einer Erkrather Grundschule angemeldet ist, die er aber nur per Auto erreichen kann. Die Mutter hat keinen Führerschein, für den Vater sind die Unterrichtszeiten arbeitsbedingt ein echtes Problem, dennoch bringt er den Sohn jeden Morgen zur Schule. „Ich habe bei der Stadt wegen eines Fahrdienstes nachgehakt, aber der würde täglich 100 Euro kosten“, berichtet Marion Kremerius, und ergänzt: „Leider hat es der Gesetzgeber versäumt, den Fahrdienst für Kinder, die eine inklusive Schule besuchen, zu regeln. Ich habe mich jetzt an die Behindertenbeauftragte des Landes gewandt und um Hilfe gebeten.“

Es liege gar nicht immer am fehlenden Willen vor Ort, wenn es bei der Inklusion hakt. „Die Regierung muss den Kommunen auch Geld dafür in die Hand geben“, sagt Kremerius. Wie in anderen Städten gebe es auch in Erkrath zu große Klassen und zu wenig Lehrer, vor allem Sonderpädagogen und Inklusionsbegleiter, ohne die das Einbeziehen von Schülern mit Handicap nicht gelingen könne.

Und barrierefrei sei der hiesige Schulbetrieb auch noch lange nicht: „Schulen sind für mich die ärgerlichste Baustelle, der überwiegende Teil ist nicht behindertengerecht. Da haben Eingänge ausschließlich Stufen, es gibt keine Aufzüge und es fehlen barrierefreie Toiletten. Die Schulen sind auch nicht ausgestattet für Kinder mit besonderem Bedarf wie zum Beispiel Hörgeschädigte. Das Thema muss von der Verwaltung dringend angegangen werden, hier soll schließlich unserer Zukunft, den Kindern, Bildung vermittelt werden“, appelliert Marion Kremerius.

Sie hat nicht nur die Schule, sondern auch die Freizeit im Blick, und setzt sich beispielsweise derzeit dafür ein, dass der neue Spielplatz im Neandertal barrierefrei wird – mit Spielgeräten für Rollstuhlfahrer und Wegen, die breit genug für sie sind, und einer behindertengerechten öffentlichen Toilette. „Ich war in die Planung nicht mit einbezogen, aber ich gehe ja mit offenen Augen durch die Stadt und melde mich bei den Verantwortlichen, wenn mir etwas auffällt“, erzählt Kremerius. Nachbessern sei schließlich viel teurer und umständlicher.

Sie freut sich immer, wenn Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht wird – wenn beispielsweise der VRR wie in Erkrath-Nord die Handläufe an den Rampen mit Blindenschrift versieht, damit das richtige Gleis auch mit einer Sehbehinderung erreicht werden kann. Oder wenn, wie es in Erkrath der Fall ist, eine Verwaltung bei der Abflachung von Bürgersteigen den Übergang für Blinde gleich mit erledigen lässt.

Bisweilen sei allerdings auch der gute Wille da, aber es komme dennoch nicht zur Umsetzung. „Wenn es um kleinere bauliche Änderungen geht, bekommt die Stadt manchmal einfach keine Handwerker, weil die Firmen sagen, das lohnt sich für sie nicht. Da kann man der Verwaltung also gar keinen Vorwurf machen“, sagt Marion Kremerius.

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