Erkrath "Ich will Wind, Regen und Sonne spüren"

Erkrath · Tim Schlossherr ist seit zehn Jahren Friedhofsgärtner an der Kreuzstraße. Sein Schwerpunkt liegt auf der Totengräberei. Schon als Schüler wusste er, dass er niemals nur am Schreibtisch sitzen will.

 Friedhofsgärtner Tim Schlossherr muss auch schon einmal mit schwerem Gerät ran, um Gräber auszuheben.

Friedhofsgärtner Tim Schlossherr muss auch schon einmal mit schwerem Gerät ran, um Gräber auszuheben.

Foto: Janicki, Dietrich (jd-)

Totengräber gelten gemeinhin als skurrile Typen, die immer eine Leiche im Keller haben und meist ebenso gespenstisch blass sind wie die, die sie beerdigen. Tim Schlossherr passt so gar nicht in dieses Klischee.

Er ist ein lebensfroher, sportlicher Mann, von der Luft gebräunt, so gar nicht kränklich und Angst einflößend. Seit zehn Jahren ist er Friedhofsgärtner an der Kreuzstraße - mit Schwerpunkt Begräbnistechnik.

Denn wer glaubt, ein Loch zu buddeln und wieder zuzuschütten reiche, um die Toten zur letzten Ruhe zu betten, der irrt gewaltig. Technische Überlegungen sind unabdingbar. In den Boden müssen ein Einbaurahmen und ein Laufrost eingebracht werden. Das geschickte Hantieren mit dem Friedhofsbagger gehört dazu.

Für Tim Schlossherr ist diese Aufgabe jedes Mal eine Herausforderung, die wenig von Routine hat. Eigentlich ist er ja Friedhofsgärtner. "Aber immer nur Blumen, das reicht nicht für ein ganzes Berufsleben", sagt er. Der Bereich der Beerdigungen ist erst in den letzten Jahren zu seinen Aufgaben, dem Hegen und Pflegen von Gräbern und Wegen, dazugekommen. Für Schlossherr eine bodenständige Arbeit. "Jede Beerdigung ist anders", sagt er, "man muss sich auf die Familien einstellen."

Dass er Gärtner werden wollte, stand für ihn schon sehr früh, schon während der Schulzeit fest. Ein Schülerpraktikum hatte ihn auf die Fährte der Arbeit im Grünen gesetzt. "Ich war am Max-Planck-Institut, wo Züchterforschung an Getreide und Gemüse betrieben wurde. Auch ein spannendes Feld", sagt er. "Es gibt so viele Fachgebiete für Gärtner. Man kann lernen bis zum Grab." Diese Arbeit gefiel ihm einfach.

Von vornherein wusste der Schüler, dass ein Schreibtisch im Büro nicht sein Dauer-Arbeitsplatz sein würde. "Ich wollte draußen sein, in Wind, Regen und Sonne und das Ursprüngliche der Jahreszeiten erleben", sagt er. Dazu gehören natürlich auch so unangenehme Monate wie November und Dezember. "Nun ja, wenn es ganz ungemütlich ist, dürfen wir auch mal ein bisschen früher Schluss machen. Außerdem muss ich auch Büroarbeit erledigen. Aber normalerweise machen mir Nieselregen und ein frischer Wind um die Nase nichts aus." Schlossherr hat viele Friedhöfe gesehen und er liebt sie, und zwar zu jeder Jahreszeit. "Sie verbreiten Ruhe und bringen Entspannung. Was glauben Sie, wie viel Zeit ich beim Rasenmähen habe, um nachzudenken", schwärmt er.

42 000 Quadratmeter Friedhofsgelände verwaltet Tim Schlossherr für die Stadt Erkrath. Dabei hat er die Unterstützung von vier Mitarbeitern.

Außerdem organisiert er den Einsatz von acht Sargträgern. Immerhin fallen 100 bis 110 Beerdigungen im Jahr an.

Nicht selten wählt er für seinen Beruf den Begriff "Totengräber". "Besonders wenn ich gerade mal wieder viele Urnen und Särge unter die Erde gebracht habe", sagt er, "Das ist nichts, für das man sich schämen müsste."

Und aus seinem Mund klingt "Totengräber" dann auch wie ein ganz normaler Beruf - so wie Glaser oder Schreiner.

(ik)
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