Nach Polizeieinsatz Gericht verhandelt über Tobsuchtsanfall

ERKRATH · Der Angeklagte leidet unter Schizophrenie. Erst mit einem Schuss brachte ihn die Polizei unter Kontrolle.

 Ein Aktenstapel auf dem Tisch eines Richters.

Ein Aktenstapel auf dem Tisch eines Richters.

Foto: dpa/Volker Hartmann

Die Nachtschicht hat gerade begonnen, als auf der Polizeiwache ein Notruf eingeht. Am anderen Ende der Telefonleitung: Eine Frau, die in der Wohnung nebenan laute Schreie und verzweifelte Hilferufe gehört haben will. Zwei Einsatzwagen eilen zum Brockerberg in Erkrath. Dort angekommen sind die Schreie durch ein geöffnetes Fenster bis auf die Straße zu hören. „Es hörte sich an, als wäre jemand in Gefahr“, erinnert sich ein Polizeibeamter.

Mit drei Kollegen sei er nach oben geeilt, um vom Balkon der Nachbarin aus in die Wohnung zu schauen. Dort habe ein Mann auf der Couch gelegen und mit einem Messer herumgefuchtelt. Der Beamte holte aus dem Einsatzwagen ein Brecheisen und verschaffte sich und seinen Kollegen gewaltsam Zugang zur Wohnung. „Der Mann stand im Flur, hatte ein Messer in der Hand und stürmte laut schreiend auf uns zu“, sprach der Polizeibeamte im Zeugenstand über den Moment, als er zur Dienstwaffe greifen musste. Nach einem Schuss ins Bein sei der Angreifer zu Boden gesunken und habe dennoch weiter das Messer in der Hand behalten.

Der Bewohner war allein in der Wohnung und bereits polizeibekannt. Es hatte bereits mehrere Einsätze am Brockerberg gegeben und auch mehrere Einweisungen des 30-Jährigen in die Psychiatrie. Immer wieder soll der in der Wohnung randaliert und bereits seit längerem unter gesetzlicher Betreuung gestanden haben. Sein Betreuer soll zuvor darüber geklagt haben, dass der Mann nicht kooperativ und seine Wohnung in einem desolaten Zustand sei. Dass er dort häufiger mit Mobiliar um sich geworfen haben soll, wurde nun auch zum Gesprächsthema am Wuppertaler Landgericht. Dort muss sich der Angeklagte nun wegen versuchten Totschlags verantworten. Nach der Tat im September 2018 war er erst in die LVR-Klinik Langenfeld und später in die forensische Psychiatrie eingewiesen worden. Bereits seit längerem steht fest: Der Angeklagte leidet an paranoider Schizophrenie. An die Tat kann er sich nicht mehr erinnern. Er habe noch kurz zuvor Geld bei seinem Betreuer abgeholt und Kokain gekauft. Danach habe er sich auf die Couch gesetzt und Fernsehen geschaut.

Und dann? Filmriss. Immer wieder habe er Stimmen gehört und aus der Wohnung nebenan das Knallen einer Peitsche. In dem Haus stimme etwas nicht, das könne mit der Sado-Maso-Szene zu tun haben – so soll es der Angeklagte der psychiatrischen Gutachterin erzählt haben. Sie wird nun vor Gericht gehört werden, um festzustellen, ob der Mann im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat. Der Prozess wird fortgesetzt.

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