Streitthema in Erkrath Fernwärme: Politik rechtfertigt Entscheidung
Erkrath · Mit der Verteilung der Stadtwerke-Gewinne zugunsten der Stadtkasse sind viele Fernwärme-Kunden nicht einverstanden. Jetzt nehmen Bürgermeister und SPD Stellung.
„Ein moralisch zweifelhaftes Vorgehen“ haben in einer Interessengemeinschaft organisierte Hochdahler Fernwärme-Kunden die Entscheidung einer Mehrheit der Ratsfraktionen genannt, mit Dreiviertel des Jahresgewinns der Stadtwerke in Höhe von 1,9 Millionen Euro die klamme Stadtkasse zu füllen. Die Entscheidung war knapp mit dem Stimmen von Bürgermeister, CDU und SPD gefallen.
Bürger in Erkrath würden willkürlich und unsozial in zwei Gruppen aufgeteilt, kritisierten IG-Mitglieder in einem offenen Brief an Bürgermeister, CDU und SPD. Habe man einen Fernwärmeanschluss und sei im Monopol gefangen, müsse man über die jetzt beschlossene Gewinnverteilung mehrere hundert Euro pro Jahr zusätzlich für völlig sachfremde Projekte an die Stadtkasse abführen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Bürger, die keinen Fernwärmeanschluss hätten, dürften dieses Geld dagegen behalten.
Da die Stadt als alleinige Eigentümerin der Stadtwerke über entsprechende Gremien das Recht habe, die Preisgestaltung der Fernwärme in den gesetzlichen Rahmenbedingungen selbst zu gestalten, könne man als Fernwärme-Bürger – dies betreffe fast 9000 Haushalte in Hochdahl – diesem Treiben nur zähneknirschend zusehen und müsse die jeweiligen Wärmepreise akzeptieren und bezahlen. Kundenfreundlich und fair sei das alles nicht, meint die Interessengemeinschaft.
Das Hochdahler Fernwärmenetz sei veraltet und dringend modernisierungsbedürftig, vor allem auch vor dem Hintergrund der Verringerung des CO2-Ausstoßes. Für diese Großbaustellen sollten die Gewinne verwendet werden, meinen die Kunden, und forderten von CDU und SPD eine Antwort, „aus der wir eine moralische und legale Erläuterung ablesen können“.
Bürgermeister Christoph Schultz beruft sich in seiner Antwort auf eine durch viele außergewöhnliche Belastungen stark beeinträchtigte Finanzlage der Stadt. Ohne die Beiträge aus dem Stadtwerke-Gewinn wäre Erkrath in weitaus schwierigerer Lage und es müsste damit gerechnet werden, in die Haushaltssicherung zu verfallen, was Leistungseinschränkungen und womöglich auch eine Erhöhung von Gebühren, Beiträgen oder Steuern bedeuten würde. Die Stadt sei als Eigentümerin der Stadtwerke zudem gesetzlich verpflichtet, die Gewinne gemäß der kommunalen Vorgaben zu verwenden. Dies beinhaltet auch die Entscheidung, Überschüsse in die allgemeine Stadtkasse zu überführen, um so notwendige Ausgaben zu decken, die allen Bürgern zugute kämen – Infrastrukturprojekte, Bildungsinvestitionen und soziale Ausgaben.
Ihm sei, so Schultz weiter, bewusst, dass die Fernwärmekunden in Hochdahl in einer monopolähnlichen Situation seien und die Preisgestaltung der Fernwärme in der Vergangenheit für Unmut gesorgt habe. Dabei dürfe man aber nicht vergessen, dass es um das Jahr 2023 gehe, in dem die von der Bundesregierung initiierten Preisbremsen galten. Der Gewinn aus der Sparte Fernwärme speise sich somit ganz überwiegend aus den Bundeszuschüssen zur Preisbildung.
Die Stadt werde auch in Zukunft darauf achten, dass die Kosten für die Bürger tragbar blieben, heißt es vom Bürgermeister. Er habe stets gesagt, dass der erste Jahresabschluss der Fernwärme in Stadtwerke-Regie abgewartet werden müsse, bevor strukturelle Veränderungen an der Preisformel vorgenommen werden könnten. „Dieser Zeitpunkt ist nun gekommen, und so werden wir uns in naher Zukunft mit dieser Frage beschäftigen“, so Schultz.
Ein Großteil der Gewinne der Stadtwerke werde auch langfristig in den Ausbau und die Modernisierung der Fernwärme investiert, um sowohl die Nachhaltigkeit als auch die Kostenstabilität für die Kunden sicherzustellen. In den Planungen für die nächsten Jahre sei berücksichtigt, dass die Ausschüttungen bis auf null abschmelzen werden, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadtwerke in Anbetracht der nötigen Investitionen zu erhalten.
Von SPD-Fraktionschef Detlef Ehlert hieß es, die Stadtwerke hätten die Fernwärme mit Blick auf die gebotene Daseinsfürsorge nicht aus karitativen Gründen übernommen, sondern durchaus mit Gewinnerzielungsabsicht. Das sei auch gesetzlich gefordert. Es sei nicht nur notwendig, den städtischen Haushalt in der zuvor beschlossenen Größenordnung mit einem Gewinnanteil der Stadtwerke zu stützen und eine Haushaltszwangswirtschaft zu vermeiden, sondern auch sinnvoll, die Belastung oder den Nutzen aller Kunden der Stadtwerke in Anspruch zu nehmen – gleich ob in Monopolsparten wie Wasser oder Wärme oder in Quasi-Monopolen als Grundversorger bei Strom oder als Nutznießer subventionierter Neanderbad-Eintrittspreise.
Ob Kunden nun zu Wettbewerbern wechseln können oder faktisch eher nicht: Die Stadt habe zur Vorbereitung und zur Beratung für die Fernwärme-Übernahme Vorlaufkosten von weit mehr als 500.000 Euro aufgebracht. „Die werden nun auch 2024 durch die Gewinnanteile der Wärme im Stadthaushalt refinanziert. Das kann doch wohl nicht falsch sein“, so Ehlert.