Eine Forscherin aus Erkrath Medizinstudentin forscht zu Spinnenseide

Erkrath · Anna Bartz liebt die Tiere. Sie hat eine Melkmaschine konstruiert.

 Anna Bartz betreut Spinnen im Aquazoo in Düsseldorf und möchte das Image der Spinnen verbessern.

Anna Bartz betreut Spinnen im Aquazoo in Düsseldorf und möchte das Image der Spinnen verbessern.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Schon als Kind war Anna Bartz von dem filigranen Wesen der Spinnentiere gebannt wie gefesselt. In der Jugendgruppe des Naturschutzzentrums Bruchhausen hatte sie früher vielfach das Vergnügen, den Achtbeinern in freier Wildbahn zu begegnen. Nun sollen die Netzkunstwerker nach Bartz‘ Willen wegen ihrer erstaunlichen Fähigkeiten zu akademischen Würden kommen. Die Promotionsstudentin an der Universität Bonn möchte die kommenden Jahre darauf verwenden, eine Trägerstruktur aus Spinnenseide  zu entwickeln, auf der sich menschlicher Knochen und Knorpel züchten lässt. Mit solchem ließe sich geschädigtes Gewebe im menschlichen Körper ersetzen; im Fachjargon Tissue engineering genannt, auf dessen Fortschritte die Medizin dringlich wartet.

Die Energie der eigenen Faszination möchte Bartz für die Forschung nutzen. Sie gesteht sogar: „Ich liebe Spinnen!“ Fünf blaue Vogelspinnen hegt sie in ihrer Bonner Studi-WG als Haustiere. Und die seien - wie die allermeisten Arachnoiden - völlig ungefährlich.

Die weltweit festeste Seide produziert die  handtellergroße Goldene Seidenspinne, die durch ihre Streifen fast im Tigerlook daherkommt.  Würde man ihren hauchdünnen Faden auf einen Durchmesser von nur einem Zentimeter verdicken, so könnte dieser ein Gewicht von acht Tonnen tragen. Ihr Verbreitungsgebiet ist West- und Südafrika.  Seidenfäden lassen sich auch künstlich im Labor erzeugen, jedoch nicht in der notwendigen biologischen Qualität. Deshalb besteht der einige Bezugsweg darin, die Spinnen zu melken. 500 Meter Seide kann jedes erwachsenen Exemplar alle zwei Wochen maximal liefern. Die Melkmaschinen hat Bartz mit Hilfe ihres Vaters selbst konstruiert. Die  erste, recht einfache Version basierte noch auf Fischertechnik-Komponenten. Das Folgemodell arbeitet seit diesem Monat hocheffizient. Auf einem Schaumstoffkissen sitzt die Spinne, deren Faden mittels Pinzette auf eine Spule gezogen wird. Geschadet wird den Tieren durch das Verfahren nicht, verspricht Bartz. Die gewickelte Seide wirkt dann wie ganz gewöhnliches Garn, für das wegen seiner  Klebeeigenschaft eine eigene Webtechnik entwickelt werden muss, erklärt die Promovendin: „Spinnenseide ist wenig erforscht, aber darin liegt ein besonderer Reiz und es ist schon ein bisschen exotisch.“

Im Aquazoo Löbbecke Museum in Düsseldorf, das sich als Forschungsort zu Verfügung stellte, betreut Bartz nun nahezu täglich mehrere Hunderte der Tiere. Dafür pendelt sie von Bonn aus oder nutzt die nähere Möglichkeit, bei ihren Eltern und damit wieder öfter in der alten Heimat unterzukommen.  In den Zooterrarien muss für ideale Bedingungen von 27 Grad Wärme und einer Luftfeuchte von 80 Prozent gesorgt werden. Die Netze werden dafür mit Wassernebel gesprüht. Je mehr Eiweiße und Proteine sie verfüttert, desto stabiler wird die Seide.

 Bartz versucht sich auch bei der Finanzierung ihrer Doktorarbeit als Pionierin: „Crowdfunding wird für solche Zwecke zukünftig sicher an Bedeutung gewinnen.“ Zumal dieser Weg auch von Unternehmensinteressen unabhängig macht. Als wichtigen Nebeneffekt ihrer Forschung hofft Bartz, das wenig schmeichelhafte Image der Spinnen verbessern zu können:  „Man sollte Spinnen nicht einfach töten, so wie es oft getan wird. Es sind sehr nützliche Tiere.“

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