An(ge)dacht Missverständnisse

Was fällt diesem Kerl eigentlich ein? Wofür hält der sich? Wie kann er so etwas Gemeines über mich erzählen? – Mein Puls ist längst auf 180. In mir kocht es, Wut steigt längst nicht mehr langsam hoch.

 Martin Scharnowski, Pastor der Treffpunkt Leben Gemeinde Erkrath

Martin Scharnowski, Pastor der Treffpunkt Leben Gemeinde Erkrath

Foto: Treffpunkt Leben Gemeinde Erkrath

Meine Gedanken überschlagen sich – der innere Dialog läuft schon seit geraumer Zeit. Ich habe es mir gleich gedacht, dass er etwas im Schilde führt, er verhielt sich nicht wie sonst, irgendwie hatte ich das Gefühl, er konnte mir nicht in die Augen schauen bei unserer letzten Begegnung. ...

Ich male mir aus, was ich jetzt gleich tun werde, überlege, wen ich jetzt zuerst anrufen sollte und wie meine Rache aussehen könnte. Ich werde es ihm diesmal zeigen, ich werde nicht wieder alles runterschlucken und in mich reinfressen. Diesmal drehe ich den Spieß um, diesmal verlässt er den Platz als Verlierer. In den kommenden Tagen bin ich neben der Spur, ständig im inneren Gespräch mit ihm, ich male mir das ganze Bild in immer dunkleren Farben aus. Ich nehme ihn mit ins Bett und am Morgen ist er immer noch anwesend. Und er bleibt den ganzen Tag über in meiner Nähe...

Als wir endlich einige Tage später miteinander reden, stellt sich alles als Missverständnis raus – ich hatte ihn total falsch verstanden, meine Interpretation seiner Aussagen lag völlig daneben. Wir reden offen miteinander, klären die falschen Deutungen, sprechen Vergebung aus. Was hätte ich mir alles ersparen können, wenn ich das Gespräch sofort gesucht hätte. Wie viele Menschen habe ich unberechtigt in diesen Konflikt mit hinein genommen? Bei wie vielen muss ich zurückrudern, erklären, mich entschuldigen?

Weise rät Gott mir in seiner Betriebsanleitung zum Leben: Sagt einander die Wahrheit! Sündigt nicht, wenn ihr zornig seid, und lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen. Gebt dem Teufel keine Möglichkeit, durch den Zorn Macht über euch zu gewinnen! (Epheserbrief 4, 25-27). Das nächste Mal greife ich sofort zum Hörer und versuche, es möglichst vor Sonnenuntergang zu klären.

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