Erkrath Eine Theologin, die in ihrer Freizeit gerne Mörder jagt

Erkrath · Dorothea Kühl-Martini ist studierte Theologin, engagierte Christin, dreifache Mutter und schreibt für ihr Leben gern (Krimis).

Als Ehefrau von Pfarrer Lutz Martini übernimmt Dorothea Kühl-Martini nicht bloß vielfältige Aufgaben im Pfarramt, bekocht und versorgt Gäste, bringt sich ins Gemeindeleben ein und ist in der Hospiz-Bewegung engagiert. "Geschrieben habe ich schon immer gerne", benennt die studierte Theologin und dreifache Mutter, ein Adoptivsohn, zwei leibliche Kinder, ihr liebstes Hobby.

Ihr erstes Buch erschien 1997 und war ein fiktiver Briefwechsel mit dem Titel "Marilyn an Papst Johannes", "ich versuchte, zwei konträre Persönlichkeiten zu zeigen". Es folgten ein Kinderkalender sowie ein Buch über Portugal, "dort lebte ich bis zu meinem 14. Lebensjahr". Mit Kontrasten ging es später weiter, zum Beispiel anhand des unterschiedlichen Humorverständnisses bei Katholiken und Protestanten. Das Ergebnis ihrer Recherchen ist verblüffend. "Katholiken haben mehr Humor. Die haben zum Beispiel den Karneval als Ventil." Der Protestant dagegen schlägt sich immerzu mit seinem Gewissen herum. Das wiederum muss der Katholik nicht, schließlich kann er beichten. Das erleichtert. Und ihre These, warum sich die Skandinavier nicht der Euro-Währung angeschlossen haben, fußt auf dem "extrem freiheitsliebenden Grundprinzip der Protestanten", wie es die meisten Skandinavier sind. Vereinfacht gesagt: Man wollte nicht zentralistisch aus Brüssel über sich bestimmen lassen, sondern selbst Geschicke gestalten.

Es sind Fundstücke im Alltag, die Dorothea Kühl-Martini bevorzugt in ihren Büchern verwebt. Ehemann Lutz, den sie während der Studienzeit in Tübingen im ersten Hebräisch-Seminar kennen und später lieben lernte, macht viel Notfallseelsorge. "Wir selbst leben sehr beschützt. Um uns herum passieren oft schreckliche Dinge." Über Jahre sammelte sie Stoff für einen Krimi, den hatte sie "lange liegen", war aber unentschlossen, wie mit diesen "furchtbaren Geschichten, teilweise aber auch lustigen Anekdoten und kuriosen Episoden aus dem Leben von unmittelbaren Nachbarn" umzugehen sei. "Ich hatte Angst, die Leute erkennen sich wieder." Durch literarische Verfremdung wurde aus diesen verschiedenen Erlebnissen zwischen Taufe und Beerdigung dann Buch Nummer fünf, ihr erster Krimi, das "Sandheimer Requiem". Ein Buch mit viel Lokalkolorit.

Vergebung, Verdammnis, Erbarmen und Erlösung als theologische Begriffe stehen nicht im Mittelpunkt, aber sind doch immer gegenwärtig. Anders als bei den Angelsachsen gelten bei uns Krimis, obwohl teilweise Spitzenreiter in den Verkaufslisten, bloß als zweitklassige Unterhaltungsliteratur. Dass sie seit langem en vogue sind, liegt nach Dorothea Kühl-Martinis Meinung daran, dass "am Ende alles gut ist. Der Fall ist enträtselt und der Verbrecher gestellt." Im Krimi wird das Böse besiegt und in seine Schranken verwiesen. Anders als im wahren Leben, liest man die Gerichtsgeschichten eines berühmten Autoren und Anwalts wie Ferdinand von Schirach. Sie selbst mag übrigens klassische Kriminalromane, "an die skandinavischen Autoren wagte ich mich heran, aber die sind mir oft zu düster". Wenn sie einen "literarischen Gottesdienst in anderer Gestalt" in der Gemeinde anbietet, schließt ihr Format aus Bibelworten plus Krimilesung inklusive Phantomzeichnungen und Tatortabriegelung "offensichtlich eine Lücke. Das kommt beim Publikum gut an."

Bislang gab es pro Werk ein neues Thema und diesem Prinzip will die alterslose Autorin ("diese Frage nach dem Alter ist so typisch deutsch") beibehalten. Als nächstes hat sie ein "ganz besonders spannendes Projekt" im Köcher, nämlich den heute vergessenen Orient-Maler Max Rabe. Auf dessen erstaunliche Arbeiten - der Mann war zu seiner Zeit ein überaus prominenter Zeitgenosse, der mit der Hautevolee rund um den Prinzen von Bulgarien befreundet war - kam sie durch einen 88-jährigen Berliner, ein alter Freund ihres Vaters, den sie regelmäßig besucht. "In dessen grotesk überfüllter Wohnung sind unfassbar viele Gemälde von Max Rabe."

Also begann sie zu recherchieren, fand alte Tagebuchaufzeichnungen des einst populären Künstlers, dessen Reise nach New York kurz vorm Börsencrash 1929 und tauchte in eine "ganz andere Welt ab". In was für ein Genre dieses Werk dann einzuordnen ist, wird bislang nicht verraten. Fest steht aber, dass sie auch zukünftig weder über ihr eigenes Leben als Pastorentochter, noch eventuelle Anleitungen zur tadellosen Herstellung von Mixgetränken etwas verfassen wird. In Anspielung auf ihren Nachnamen, der ja an einen kühlen Martini erinnern könnte, sagt sie: "Martini schmeckt mir nicht. Da bin ich mehr für ein Glas Rotwein."

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