Erkrath Als in Erkrath die Bücherei entstand

Erkrath · Zufällig sind die Historiker darauf gestoßen, dass in Erkrath schon seit über 100 Jahren Lektüre ausgeliehen wird.

 Eröffnet wurde di erste Erkrather Leihbücherei am Februar 1912 im Rathaus - mit 500 Leihbüchern. Es folgten über die Jahrzehnte hinweg etliche Umzüge der Stadtteil-Bibliotheken.

Eröffnet wurde di erste Erkrather Leihbücherei am Februar 1912 im Rathaus - mit 500 Leihbüchern. Es folgten über die Jahrzehnte hinweg etliche Umzüge der Stadtteil-Bibliotheken.

Foto: stadtarchiv

Das 100-jährige Bestehen hatte er noch knapp verpasst. Denn dass es am 4. Februar 2012 in der Stadtbibliothek eigentlich etwas zu feiern gegeben hätte, wusste damals noch niemand. Auch nicht Hans-Joachim Dietz, der erst Monate später bei einer Archivrecherche gemeinsam mit Stadtarchivarin Erika Stubenhöfer ganz zufällig über das Gründungsdatum stolperte.

Wer allerdings den passionierten Hobbyhistoriker kennt, der weiß: Ein solcher Zufallsfund wird schnell zur Initialzündung für ein größeres Projekt. Und genau das hat der Vorsitzende des Erkrather Geschichtsvereins nun abgeschlossen.

 Christoph Schultz, Michaele Gincel-Reinhardt, Hans-Joachim Dietz und Gerd-Michael Petruck stellten das neue Buch vor.

Christoph Schultz, Michaele Gincel-Reinhardt, Hans-Joachim Dietz und Gerd-Michael Petruck stellten das neue Buch vor.

Foto: DJ

Auf mehr als 30 Seiten hat Dietz die "Geschichte der Stadtbücherei Erkrath" zusammengetragen. Und die beginnt ganz unspektakulär - quasi auf dem Schreibtisch des damaligen Bürgermeisters Franz Zahren. Der wiederum hatte am 1. Dezember 1910 zur Feder gegriffen, um mit einem Rundschreiben zu erfragen, wo es in der Gemeinde wie viele Leihbücher gab. "Daraufhin gingen im Bürgermeisteramt etliche Berichte ein", erzählt Hans-Joachim Dietz von seinen Recherchen. Unter anderem meldete sich damals Hauptlehrer Heinrich Pelser von der katholischen Volksschule wie folgt zu Wort: "Die Bibliothek umfasst zur Zeit 269 Bändchen, von denen 46 unbrauchbar geworden sind." Ein wenig finanzielles Eigeninteresse mit Blick aufs Stadtsäckel konnte aus Pelsers Sicht vermutlich nicht schaden - vor allem dann nicht, wenn der Gemeindechef höchstpersönlich eine Anfrage startet.

Mehr als 350 Bücher sollen auch im Unterbacher Vereinshaus gestanden haben. Dort war es Pfarrer Beyhoff, der sich "um den moralischen Tiefstand der Bevölkerung in Unterbach" sorgte. Überhaupt war man vor 100 Jahren offenbar noch sehr besorgt um den Hang der Leserschaft zu "Schundliteratur". Seitenlange Abhandlungen an Bürgermeister Franz Zahren wurden verfasst, um diesen offenbar um sich greifenden Trend zu stoppen. "Es ist ein unermüdlicher Kampf, der gegen die Auswüchse der Unterhaltungsliteratur und den die Sittlichkeitsbegriffe verwirrenden literarischen Schund gekämpft wird", ist in einem Schreiben zu lesen, das noch vor der Eröffnung der Gemeindebücherei auf dem Schreibtisch des Verwaltungschefs landete.

Der hatte sich nun also damit zu befassen, was in der neuen Gemeindebücherei in den Regalen stehen durfte. Statt Schauerromanen sollten die Erkrather doch besser zu Goethe greifen. Bildung statt seichter, literarischer Kost: Das sollte fortan das Credo der Volksbücherei sein.

In diesem Sinne galt die Einrichtung einer Gemeindebücherei seit der Sitzung des Gemeinderates im Oktober 1911 als beschlossene Sache. Eröffnet wurde sie nur wenige Monate später - an besagtem 4. Februar 1912 im Rathaus mit 500 Leihbüchern. Es folgten über die Jahrzehnte hinweg etliche Umzüge der Stadtteil-Bibliotheken, die Anschaffung tausender Bücher und die Zusammenlegung der Büchereien in Erkrath und Hochdahl unter einer gemeinsamen Leitung.

Zwischenzeitlich gab es auch eine Artothek, für die eigens 50 Gemälde lokaler Künstler in den Bestand aufgenommen wurden. Die Nachfrage hielt sich jedoch in Grenzen, der Leihbetrieb wurde eingestellt. Derweilen wurden die Bibliotheken im Kaiserhof und im Bürgerhaus gut ausgestattet.

Das Leitungspersonal wechselte stetig - mittlerweile ist mit Michaele Gincel-Reinhardt seit mittlerweile 17 Jahren wohltuende Kontinuität eingekehrt.

(magu)
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