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Erkelenz "Wir dürfen in der Heimat bleiben"

Erkelenz · Es ist Freitagabend 20 Uhr. Die Schützenkönigin spricht immer noch mit aufgeregter Stimme. Seit vier Stunden weiß sie, wissen alle, dass Holzweiler erhalten bleibt. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht im 1400-Seelen-Dorf verbreitet.

 Beim gemeinsamen Rosendrehen feierten die Schützenfrauen am Freitagabend die Entscheidung, dass Holzweiler nicht abgebaggert werden soll.

Beim gemeinsamen Rosendrehen feierten die Schützenfrauen am Freitagabend die Entscheidung, dass Holzweiler nicht abgebaggert werden soll.

Foto: Jürgen Laaser

"Wir dürfen in der Heimat bleiben, in unserem Zuhause, das ist wunderbar", sagt Birgit Hiddemann. Ein Sektglas in der Hand, steht sie im ersten Stock der alten Schule, im Herzen des Dorfes. Ein Zeichen freudiger Feierlaune, doch ganz so einfach ist das nicht: "Wir haben viel gelitten. Da drinnen ist die Stimmung geteilt", sagt sie mit Blick auf den alten Klassenraum.

40 Schützenfrauen pflegen darin die Tradition des Rosendrehens für das Schützenfest — doch an diesem Abend ist nichts "alljährlich". "Ist es denn ein Freudentag? Wer weiß, was morgen gesagt wird, hier hat sich noch kein Politiker blicken lassen", sagt Brigitte Merx. Traurige Wut liegt in ihren Worten. "Am Rande der Grube leben? Und das Umland? Der Tankstelle und Dorfkneipe gehen die Kunden aus", so zählt sie auf, was die Dorfbewohner bewegt. Es sind die Anklagen einer Generation, die seit Jahrzehnten die Bagger stetig näherrücken sieht.

Vor 20 Jahren schon ist Merx beim Fackellauf mitgezogen. Schilder hatten sie damals montiert: "Ja zur Heimat — Stop Rheinbraun!". Nun war der Tag gekommen, da Hannelore Kraft bestätigte, dass Holzweiler dem Tagebau nicht zum Opfer fallen wird. In Otzenrath hatte die Kindergärtnerin Merx noch bis zum Schluss gearbeitet, während um sie herum Häuser verlassen und gesprengt wurden. "In Neu-Otzenrath fehlt mir die Geschichte, die jeder Winkel eines Dorfs erzählt. Ich freue mich natürlich, dass uns das erspart bleibt und wir in der Heimat bleiben können", sagt die gebürtige Holzweilerin. Auch Marlene Müller (60) ist geteilter Meinung. Sie hat die Neuigkeit am Telefon erfahren, ihre erste Reaktion war von Ungläubigkeit geprägt. "Du spinnst", hatte sie der Freundin entgegnet. Ein Gefühlschaos habe sie erfüllt. Der verlustreiche Verkauf des Hauses ihrer Schwiegereltern habe sie mutlos in die Zukunft schauen lassen. "Heute stoßen wir mit gemischten Gefühlen an." Für die 60-Jährige ist klar: "Die Stadt Erkelenz ist gefragt, Holzweiler eine Perspektive zu schaffen. Hier ist doch nichts mehr."

Die Jugend sieht das anders. Die Freude ist riesig und ungetrübt. Eine neue Generation mit viel Hoffnung und Heimatliebe wächst in dem kleinen Dorf heran. Via Facebook ist um 16 Uhr eine regelrechte Flut an Statusmeldungen veröffentlicht worden. "Wir sind hier aufgewachsen und wollen bleiben. Die Gemeinschaft, die Vereine, all das ist etwas so Besonderes, das wollen wir nicht missen", sagen die 25-jährige Nicola Junker und ihre gleichaltrigen Freundinnen, während sie Röschen drehen. Den Kegelclub "Malle-Diven" haben die jungen Frauen gegründet, engagieren sich in Vereinen und lieben das Dorfleben. Sie kennen die Geschichten der Heimat, denn ihre Eltern werden nicht müde, ihnen stolz davon zu erzählen. "Ich muss meinen Kindern nicht erzählen, dass es das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, nicht mehr gibt", sagt Junker. "Für Glaube, Sitte und Heimat" — die jungen Schützenfrauen stoßen auf die Bruderschaftsideale an. Unweigerlich drängt sich einem vor der alten Schule, aus der fröhliche Musik erklingt, das Bild des gallischen Dorfes auf. Garzweiler II macht Halt vor dem unbeugsamen Holzweiler, das einst Widerstand leistete, und jetzt unverhofft belohnt wurde.

(jessi)
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