Heinsberg Vergewaltiger bleibt trotz Gefahren frei

Der mehrfach vorbestrafte Vergewaltiger Karl D. bleibt auf freiem Fuß. Der Bundesgerichtshof lehnte am Mittwoch die nachträgliche Sicherungsverwahrung für den Sexualstraftäter Karl D. ab. Damit wurde eine Entscheidung des Landgerichtes München II vom vergangenen Jahr bestätigt. Nach dem Urteil der Karlsruher Richter gibt es in dem Fall keine rechtliche Grundlage, den 58-Jährigen einzusperren. Die Polizei kündigte an, den Mann weiter zu observieren.

 Protest gegen die Freilassung des Sextäters aus Heinsberg

Protest gegen die Freilassung des Sextäters aus Heinsberg

Foto: RP, Passage

Der Vorsitzende Richter Armin Nack sagte in der Urteilsverkündung: "Es gibt keine gesetzliche Handhabe, um hier eine nachträgliche Sicherungsverwahrung zu verhängen." Die Staatsanwaltschaft wollte mit ihrer Revision eine nachträgliche Sicherungsverwahrung erreichen. Dafür hätten aber während der Haft neue Tatsachen zur Gefährlichkeit des 58-Jährigen bekanntwerden müssen.

D. wurde erstmals 1985 wegen der Vergewaltigung einer 15-jährigen Schülerin in Bayern zu fünfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. 1994 wurde der Mann rückfällig und vergewaltigte zwei Anhalterinnen im Alter 14 und 15 Jahren mit extremer Brutalität. Er demütigte die Opfer über Stunden mit sadistischen Sexualpraktiken in seinem Kleinbus und versetzte sie mit einer Pistole in Todesangst.

D. verbüßte Haftstrafe vollständig

Hierfür wurde D. 1995 zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, die er vollständig verbüßte. Das Gericht ordnete 1995 keine nachträgliche Sicherungsverwahrung an, da ihm ein Gutachter keinen Hang zu allgemeingefährlichen Straftaten bescheinigte. Zudem galt er damals als Ersttäter, weil die erste Vergewaltigung mehr als fünf Jahre zurücklag.

Als die Haftentlassung bevorstand, beantragte die Staatsanwaltschaft eine nachträgliche Sicherungsverwahrung. Zwei Gutachter beurteilten ihn als gefährlich. Auch der erste Gutachter, der ihm zunächst keinen Hang zu Sexualstraftaten attestierte, änderte im Jahr 2008 seine Bewertung. Die Staatsanwaltschaft sah darin neue Tatsachen, die eine nachträgliche Sicherungsverwahrung rechtfertigten. Der Antrag wurde aber zunächst vom Landgericht München am 17. Februar 2009 abgelehnt, und auch die Revision der Staatsanwaltschaft blieb jetzt ohne Erfolg.

D. lebt seit dem vergangenen Jahr in Heinsberg nahe der niederländischen Grenze, wo es immer wieder zu Protesten der Einwohner kommt. Vertreter der Nachbarschaftsinitiative kündigten nach dem Karlsruher Urteil an, die Mahnwachen fortzusetzen. Silvia Gippert, Mitorganisatorin der Protestdemonstrationen am Ort, kritisierte die Gesetzgeber: "Die sitzen in ihren hohen Zimmern, und wir haben unsere Kinder vor Ort. Das ist ein Witz." Die Richter könnten jedoch nichts dafür. Schuld seien die Gesetze, sagte Gippert in Karlsruhe. Die Heinsberger Polizei kündigte an, D. weiter zu observieren und zu schützen.

Die bayerischen Minister Joachim Herrmann (Inneres) und Beate Merk (Justiz) äußerten sich verärgert über die Entscheidung aus Karlsruhe und sprachen sich für eine Gesetzesänderung aus. "Es muss möglich sein, dass wir unsere Frauen und Kinder vor solchen Schwerverbrechern schützen. Der Rechtsstaat darf nicht in erster Linie für die Täter da sein", erklärte der CSU-Politiker Herrmann

Keine Empfehlung an Gesetzgeber

Der BGH-Senat gab keine Empfehlung an den Gesetzgeber. Das sei nicht Sache des Gerichts, zumal es auch verfassungsrechtliche Probleme gebe, sagte Bundesrichter Nack. Auch der Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) in Straßburg hatte jüngst die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung in Deutschland als Verletzung der europäischen Menschenrechtskonvention beanstandet. Nack betonte jedoch, dass dieses Urteil des EGMR für den aktuellen Fall des Vergewaltigers keine Rolle gespielt habe, da schon nach dem geltenden deutschen Recht die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht habe angeordnet werden können.

(apd/tme, ots)
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