Theater in Erkelenz Kulturprogramm gegen das Vergessen

Erkelenz · Anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht nimmt die Kultur-GmbH das Stück „Zeitspiel – Das Mädchenorchester von Auschwitz“ ins Programm. Eine weitere Aktion macht die Deportation im Rahmen des Holocaust anschaulich.

Die große Zahl an jungen Darstellerinnen, die für das Orchester gebraucht wird, macht eine Umsetzung von „Zeitspiel – Das Mädchenorchester von Auschwitz“ schwierig.

Die große Zahl an jungen Darstellerinnen, die für das Orchester gebraucht wird, macht eine Umsetzung von „Zeitspiel – Das Mädchenorchester von Auschwitz“ schwierig.

Foto: Junges Ensemble Mariengarden

Wenn Sascha Dücker, Manager der Kultur GmbH Erkelenz von „Zeitspiel – Das Mädchenorchester von Auschwitz“ spricht, ist er in seinem Element. Das ist kein Wunder, immerhin ist er Regisseur dieses Dramas, das auf Texten von Arthur Miller und Fania Fénelon; der damaligen Orchesterleiterin, fußt. In der Spielzeit 2016/2017 hat er das Schauspiel erstmalig mit dem von ihm in seiner Zeit als Kunsterzieher in Borken mitgegründeten Jungen Ensemble aufgeführt. Dank der Unterstützung der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen ist es immer wieder möglich, dieses aufwändige Drama aufzuführen. „Es gilt quasi als unspielbar. Es gibt kein Theater landauf, landab, das über so viele Ensemblemitglieder im passenden Alter verfügt.“ Das Junge Ensemble, ehemals von Schülern gegründet, ist in der Lage, das 25-köpfige Orchester ebenso darzustellen wie die anderen Protagonisten des Stücks, etwa Josef Kramer, Lagerkommandant des KZ Auschwitz-Birkenau, den Lagerarzt Josef Mengele oder die Orchesterleiterin.

„Zeitspiel“ ist einer von zwei Beiträgen der Kultur-GmbH zu den Ereignissen der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938, als Nazi-Schergen jüdische Geschäfte, Gotteshäuser und andere Einrichtungen in Brand steckten. „Das ist Teil der deutschen Geschichte“, sagt Dücker, „die Erinnerung muss wach bleiben, das Vergessen darf nicht obsiegen.“

Das Team der Kultur GmbH hat sich viel Mühe gemacht, „Zeitspiel“ in einem angemessenen und angebrachten Rahmen in der Stadthalle zu präsentieren. So gibt es jeweils um 20 Uhr am Dienstag, 8. November, die Theateraufführung im Rahmen des klassischen Abonnements mit zusätzlichem freiem Verkauf und am 9. eine weitere Aufführung, die sich vornehmlich an Schüler richtet. Schulen und Interessierte werden gebeten, mit Claudia Jansen und Sascha Dücker bei der Kultur GmbH Kontakt aufzunehmen.

Mit der Aufführung allein ist es nicht getan. Dücker ist es gelungen, einen der Waggons aus dem Eisenbahnmuseum in Köln, mit dem Menschen einst deportiert wurden, nach Erkelenz zu holen. Dücker: „Jeder, der will, kann durch diesen Waggon in die Stadthalle treten und dabei einen Eindruck von den damaligen Umständen gewinnen.“ Wie schon bei einer Aufführung im vergangenen Jahr im Düsseldorfer Landtag finanziert ein Unterstützer diese Aktion. Bereits am 7. November wird der alte Waggon mittels eines Schwertransports zum Franziskanerplatz gebracht und durch den Einsatz von Kränen aufgestellt.

„Besonders freut es uns – und es ist für Erkelenz eine Ehre –, dass am 9. November die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, kommen wird. Sie wird nicht nur bei einer Kranzniederlegung mitwirken, sie wird auch nach der Aufführung eine Diskussion mit den Zuschauern führen wollen.“

Mit der doppelten Aufführung von „Zeitspiel“ ist es in der Woche der Erinnerung nicht getan. „Wir wollten einen Beitrag aus der bildenden und darstellenden Kunst präsentieren“, sagt Dücker und weist auf eine besondere Ausstellung hin: „Die Kunst umfasst alles.“ Die Ausstellung ist Otto Pankok gewidmet, einem in der Nazi-Zeit verfemten, verfolgten und verstoßenen Künstler, der mit einem Ausstellungsverbot belegt war. In seinen Werken hat er sich Minderheiten gewidmet, deren Leid und Schicksal dargestellt.

„Manchmal spielt das Schicksal oder auch der Zufall eine große Rolle“, meint Dücker. Er hat erfahren, dass das Otto-Pankok-Museum in Hünxe wegen Umbauarbeiten geschlossen ist und nachgefragt, ob es möglich sei, Teile des künstlerischen Werks im November im Haus Spies ausstellen zu können. Das Museum stimmte zu. Nunmehr sind auf beiden Etagen Gemälde, Holzschnitte und Kohlezeichnungen von Pankok an den Wochenenden 5. und 6. November, 12. und 13. November, 19. und 20. November sowie 26.und 27. November, jeweils von 13 bis 18 Uhr zu besichtigen. Die Vernissage ist am Freitag, 4. November, um 19,30 Uhr. Dabei wird der Kurator der Ausstellung, Hermann Buning, eine kurze Einleitung in das Werk und eine Würdigung von Otto Pankok vornehmen. Für einen angemessenen musikalischen Rahmen sorgt Horst Couson mit Klezmer und Sinti-Musik.

Die Hoffnung ist, dass mit diesen Aktionen das Bewusstsein für die Gräuel der Vergangenheit geschärft wird, sie dazu beitragen, dass die Verbrechen nicht in Vergessenheit geraten und dafür sorgen, dass sich so etwas nie wieder ereignet.

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