Tagebau Garzweiler RWE setzt Abrissarbeiten in Lützerath teilweise aus
Erkelenz · Mehrere Bündnisse rufen am Wochenende zum Protest am Tagebau Garzweiler auf. RWE wartet mit der Räumung einiger Grundstücke allerdings nun überraschend auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
Für den kommenden Sonntag haben Kohlegegner erneut zu einer Großdemonstration in Lützerath am Rand des Tagebaus Garzweiler II aufgerufen. Wie die Polizei Aachen auf Anfrage mitteilte, sei eine Demonstration mit bis zu 5000 Teilnehmern angemeldet. Zur Teilnahme haben unter anderem die Bündnisse „Lützerath bleibt“, „Alle Dörfer bleiben“ und „Fridays for Future“ aufgerufen.
Wie ein Sprecher der Polizei mitteilte, gehe man von einem friedlichen Protest aus: „Wir wollen uns so weit wie möglich aus der Demo raushalten und das Recht auf freie Meinungsäußerung zur Entfaltung kommen lassen.“ Allerdings sei es gerade durch die Teilnahme des Bündnisses „Ende Gelände“ nicht ausgeschlossen, dass es zu zivilem Ungehorsam und etwa einem Eindringen in den Tagebau kommt. „Das heißt aber noch lange nicht, dass die Demo unfriedlich wird“, sagte der Polizeisprecher. Aktivisten von „Ende Gelände“ hatten in den vergangenen Jahren bei verschiedenen Demonstrationen Braunkohlebagger besetzt.
Ursprünglich gingen die Aktivisten davon aus, dass es bereits ab dem 1. November zur Räumung des Erkelenzer Dorfes kommen wird, inklusive des Hofs des „letzten Lützerathers“, Landwirt Eckhardt Heukamp. Eine Räumung seiner Grundstücke wird allerdings nicht mehr in diesem Jahr erfolgen. Tagebaubetreiber RWE habe zugesagt, von der Besitzeinweisung, die dem Bergbaubetreiber Zugriff auf Grundstücke gibt, bis zum 7. Januar 2022 keinen Gebrauch zu machen, sagte ein Sprecher des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster am Mittwochnachmittag dem Evangelischen Pressedienst. Bis zum Ablauf dieser Frist werde das Gericht in Münster eine Entscheidung in den Eilbeschwerdeverfahren von Landwirt Heukamp und von Mietern aus Lützerath treffen, hieß es weiter. Im Rechtsstreit um den Erhalt des Bauernhofes hatte das Verwaltungsgericht Aachen Anfang Oktober Eilanträge (AZ: 6 L 418/21, 6 L 433/21) des Landwirts und der Mieter abgelehnt und die vorzeitige Besitzeinweisung bestätigt, die dem Bergbaubetreiber RWE Zugriff auf die Grundstücke gibt. Dagegen legten die Betroffenen Beschwerde beim OVG ein. Mit diesem Entgegenkommen von RWE bleibt dem OVG damit mehr Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Nach Informationen unserer Redaktion betrifft dies ausdrücklich allerdings nicht die weiteren Grundstücke in Lützerath, die nicht Heukamp gehören – diese könnten weiter ab November geräumt werden, da keine offenen Rechtsfragen bestehen.
Ungeachtet dessen haben „Fridays for Future“ und weitere Klimaschutz-Bündnisse unter anderem auf Twitter Menschen aus ganz Deutschland zur Teilnahme an der Demo aufgerufen. „Während Regierungen ab heute auf der Weltklimakonferenz in Glasgow um wirkungsvolleren Klimaschutz ringen, sollen hier in Deutschland unsere Dörfer für Braunkohle und unser Klima für Profite zerstört werden“, wird Alexandra Brüne aus Holzweiler von „Fridays for Future“ zitiert.
Als Redner auf der Demo werden unter anderem Vladimir Slivak, Träger des Alternativen Nobelpreises, die Klimaaktivistin Carla Reemtsma und der kolumbianische Steinkohle-Aktivist Juan Pablo Gutierrez erwartet. „Fridays for Future“ will von den Bahnhöfen Erkelenz, Aachen, Hochneukich und Köln-Ehrenfeld Shuttlebusse nach Lützerath einsetzen.
Der Tagebau Garzweiler II ist aktuell nur noch knapp 200 Meter von dem Erkelenzer Dorf entfernt. Wann die Räumung im mittlerweile von mehr als 100 Aktivisten bewohnten Ort stattfinden soll, hatte Tagebaubetreiber RWE auf Anfrage bislang nicht kommuniziert.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass die Räumung in Lützerath vollständig ausgesetzt wird. Allerdings trifft dies nur auf die Grundstücke Heukamps und seiner Nebenkläger zu.