Protest am Tagebau Garzweiler Polizei setzt vereinelt Pfefferspray und Hunde ein

Erkelenz · Aktivisten von „Ende Gelände“ hatten bereits am Morgen mit ersten Blockaden begonnen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Einigen Aktivisten gelang die Blockade von Kohleanlagen. Zudem kam es temporär zu Einschränkungen im Bahnverkehr.

 In Keyenberg ist es zu Zusammenstößen zwischen Aktivisten Polizei gekommen.

In Keyenberg ist es zu Zusammenstößen zwischen Aktivisten Polizei gekommen.

Foto: AFP/INA FASSBENDER

Im rheinischen Braunkohlerevier ist es am Samstag immer wieder zu Besetzungen und Blockaden von Kohleanlagen gekommen. Demonstranten waren unter anderem in den Tagebau Garzweiler eingedrungen, wie die Polizei berichtete. Bei Aachen kletterten mehrere Menschen auf einen Kohlebunker des Braunkohlekraftwerks Weisweiler. Das Bündnis Ende Gelände, das die Aktionen organisiert hat, fordert den sofortigen Ausstieg aus der Nutzung von Kohle und Gas für die Stromerzeugung in Deutschland.

Die Protestaktionen hatten auch Auswirkungen auf den Zugverkehr in der Region. Regionalzüge und S-Bahnen seien wegen polizeilicher Ermittlungen umgeleitet worden oder ganz ausgefallen, teilte die Deutsche Bahn über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die Polizei kündigte an, es könne im Zugverkehr „kurzfristig zu weiteren Sperrungen und Maßnahmen kommen“.

Eine Sprecherin des Aktionsbündnisses Ende Gelände warf der Polizei vor, sie habe Züge gestoppt, um die Anreise von Aktivisten zu angemeldeten Versammlungen zu erschweren. Bei der Aachener Polizei hieß es, die Sperren an einzelnen Bahnhöfen seien „taktische Maßnahmen“, mit denen das Eindringen weiterer Personen in den Tagebau verhindert werden solle.

Die Polizei war mit einem Großaufgebot von Beamten aus mehreren Bundesländern im Einsatz. Sie sollten die Demonstranten daran hindern, in den Tagebau Garzweiler einzudringen. Aufgerufen zu den Aktionen hatten das Bündnis Ende Gelände und andere Organisationen. Ende Gelände sprach von 3000 Teilnehmern an den Aktionen.

Zeitweise gelang es Demonstranten, Anlagen im Tagebau und im Kraftwerk Weisweiler bei Aachen zu besetzen, wie die Polizei berichtete. Der Betrieb der Anlagen sei aber nicht eingeschränkt gewesen, sagte ein Sprecher des Energiekonzerns RWE. Eine Sprecherin von Ende Gelände bezeichnete die Aktionen als „zivilen Ungehorsam“.

Um Demonstranten vom Tagebau fernzuhalten, setzte die Polizei vereinzelt Pfefferspray und Polizeihunde ein, wie eine Polizeisprecherin in Aachen bestätigte. Die Demonstranten hätten zuvor mehrfach Aufforderungen ignoriert, nicht weiter in Richtung der Abbruchkante des Tagebaus zu laufen. Fünf Polizisten wurden nach den Angaben der Polizei verletzt, sie blieben aber dienstfähig. Ein Mensch wurde festgenommen. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach hatte ein konsequentes Einschreiten bei gewalttätigen und rechtswidrigen Aktionen angekündigt.

Nach dem Ende der Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst ist der Tagebau Garzweiler zum neuen Zentrum des Streits um die Braunkohle geworden. RWE will den Tagebau bis zum Abschalten seines letzten Braunkohlekraftwerks 2038 weiter betreiben. Dabei sollen noch mehrere Dörfer den Baggern weichen. Der Energiekonzern verweist darauf, dass es im Kohleausstiegsgesetz eine Bestandsgarantie für Garzweiler gibt.

Die Initiative Alle Dörfer bleiben machte am Samstag mit einem Protestzug gegen die Abbaupläne mobil. Demonstranten besetzten am Samstag eine bereits aufgegebene Gaststätte im Ort Keyenberg. Sie warfen RWE vor, systematisch Dorfgemeinschaften zu spalten. Nach Angaben von RWE ist die Umsiedlung der 1500 Bewohner der Ortschaften bereits weit fortgeschritten. Die meisten hätten sich für einen gemeinsamen Neuanfang entscheiden.

Die Proteste richten sich diesmal nicht nur gegen die Braunkohle. Auch vor einem Gaskraftwerk in Düsseldorf zogen etwa 150 Demonstranten auf, wie die Polizei bestätigte. Zudem besetzten Demonstranten eine Baustelle einer neuen Fernleitung zwischen den Niederlanden und Westfalen. Auch Gas sei „extrem klimaschädlich“, sagte eine Sprecherin von Ende Gelände. Deshalb müsse sofort aus allen fossilen Energien ausgestiegen werden.

Am Freitag waren in Deutschland auf Aufruf von Fridays for Future bereits Zehntausende Menschen für Klimaschutz auf die Straße gegangen. Weltweit forderten die Demonstranten, den Ausstieg aus der Nutzung von Kohle und Öl zu beschleunigen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen - dafür wäre aus Sicht von Wissenschaftlern ein radikales Umsteuern zwingend notwendig.

(felt/ham/dpa)
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