Erkelenz 322 Kilometer nach Santiago gepilgert

Erkelenz · 2010 habe ich nach meiner Wanderung gedacht, das wäre es. Einmal bin ich den französischen Weg komplett gelaufen und 2004 von Erkelenz mit dem Fahrrad gefahren. Als mich meine Tochter fragte, ob ich mit ihr noch mal den Weg gehen würde, brauchte ich nicht lange nachzudenken, denn zu schön war die Erinnerung an diesen Weg zu den Reliquien des Heiligen Jakobus, einem der zwölf Apostel Jesu.

 Werner Adolph und seine Tochter machten sich auf nach Santiago de Compostela.

Werner Adolph und seine Tochter machten sich auf nach Santiago de Compostela.

Foto: Adolph

Bevor wir starteten, erhielten wir den Pilgersegen in der Kirche. Dann war der Tag da, an dem wir mit einem Bus nach Spanien bis Leon fuhren. Hier begann unser Pilgergang, 322 Kilometer von Santiago de Compostela entfernt. Nach drei Tagen machten sich erste Blasen und der zwölf Kilogramm schwere Rucksack bemerkbar. Mit frischer Kraft ging es aber jeden Morgen wieder los. Je näher wir unserem Ziel kamen, umso mehr Pilger waren auf dem Weg. Das aber störte nicht, denn jeder ging seinen Weg. Die größten Anstrengungen kosteten uns die Steigungen zum Rabanal (1504 Meter) und zum O Cebreiro (1300 Meter) hinauf. Oben angekommen, blickten wir weit über das Land. Ein innerer Frieden überkam einen, als man auf diese wunderbare Welt hinunter schaute. Auf den langen Wanderungen - bis zu sieben Stunden am Tag - gab es viel Zeit zum Nachdenken über Dinge, die im Alltag überdeckt werden.

Erkelenz: 322 Kilometer nach Santiago gepilgert
Foto: Werner Adolph

Bei Gesprächen in Herbergen kamen im Austausch mit anderen Pilgern immer wieder die Fragen nach der Sinnfindung und nach Gott zur Sprache. Und jeder trug etwas dazu bei, was zum Nachdenken anregte und was man auf seinem Weg mitnehmen konnte.

Erkelenz: 322 Kilometer nach Santiago gepilgert
Foto: Werner Adolph

Wir erreichten Santiago de Compostela am 13. Tag - viel zu schnell, denn eigentlich wollten wir diesen Weg nicht verlassen, da dies wieder unweigerlich in den Alltag führt. Mit der Pilgermesse in der Kathedrale, einem der Höhepunkte unserer Wanderung, krönten wir unseren Aufenthalt in der Stadt. Da wir noch einige Tage Zeit hatten, bevor unser Flug uns zurückbringen würde, beschlossen wir, bis zum Cap Finisterre am Atlantik, das man im Mittelalter als das Ende der Welt bezeichnet hat, zu gehen. Nach einigen Tagen hatten wir die etwas mehr als 90 Kilometer hinter uns gelassen. Auf dem Cap sahen wir dem Sonnenuntergang im Ozean zu.

Diese Wanderung war wieder ein wunderbares Erlebnis, und besonders schön war für mich, diesen Weg mit meiner Tochter gehen zu dürfen. Um nur einige Erinnerungen aufzulisten: Der klare wunderbare Sternenhimmel mit den hellen Band der Milchstraße in El Acebo unterhalb des Rabanal (nicht umsonst wird der Jakobsweg auch als Sternenweg bezeichnet), uralte Eichen und Kastanien, an denen Millionen von Pilgern schon im Mittelalter mit ihren Wünschen, Hoffnungen und körperlichen Beschwerden vorbeiliefen, nette Menschen aus vielen Nationen. Uns alle verband, unser Ziel zu erreichen.

In den vergangenen 15 Jahren wurde der Weg immer beliebter. 2016 kamen 277.913 Pilger an, bis Ende September 2017 waren es 259.437, die sich im Pilgerbüro in Santiago registrieren ließen. Interessant ist auch die Statistik des Pilgerbüros: 2004 ist vermerkt, dass von den 6816 Deutschen, die in Santiago ankamen, nur ein Pilger war, der von Deutschland aus bis dorthin pilgerte. Das war wohl ich mit dem Fahrrad. Zur Erinnerung: man muss wenigstens 100 Kilometer zu Fuß zurück gelegt haben oder wenigstens 200 Kilometer mit dem Rad, um die Compostela (Pilgerurkunde) zu bekommen.

von Werner Adolph

(RP)
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