Letztes Fest in Kuckum Respekt für Kampf um Erhalt des Ortes

Kuckum · Die Kuckumer Schützen nehmen bei einem emotionalem Bruderschaftsabend Abschied von dem Umsiedlungsort und betonen das Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Majestäten werden im kommenden Jahr im neuen Dorf Schützenfest feiern.

 Marsch ohne Musik und mit Mundschutz: Die St.-Antonius-Schützenbruderschaft feierte ihren letzten Bruderschaftsabend auf der Wiese im alten Kuckum. Einige Mitglieder sind schon umgesiedelt, andere kämpfen noch um den Erhalt ihrer Heimat.

Marsch ohne Musik und mit Mundschutz: Die St.-Antonius-Schützenbruderschaft feierte ihren letzten Bruderschaftsabend auf der Wiese im alten Kuckum. Einige Mitglieder sind schon umgesiedelt, andere kämpfen noch um den Erhalt ihrer Heimat.

Foto: Ruth Klapproth

Beim Abschied wollten die Kuckumer Schützen unter sich sein. Auf Gäste und Ehrengäste verzichteten sie beim letzten Burderschaftsabend im alten Ort. Ob im neuen statt im alten Kuckum oder im alten und neuen Kuckum, die St.-Antonius-Schützenbruderschaft ist bemüht, bei den Menschen zu sein, ihren Zusammenhalt zu stärken und ihre Gemeinschaft zu fördern. Dies wurde einmal mehr deutlich bei der letzten Veranstaltung der Bruderschaft im alten Ort, als sie unter Corona-Bedingungen einen Bruderschaftsabend feierte. Er trat an die Stelle des ursprünglich geplanten Schützenfestes, dessen Ausrichtung unter das Veranstaltungsverbot der Landesregierung fällt.

Dennoch gelang es der Bruderschaft, mit tatkräftiger Unterstützung von Karl-Heinz Oellers ein „Festzelt“ auf die Schützenwiese zu stellen, das den Hygienevorschriften entspricht und zu dem der Kreis Heinsberg als Gesundheitsbehörde die uneingeschränkte Zustimmung gegeben hatte.

„Noch am Montag hätten wir nicht gedacht, dass wir den Bruderschaftsabend mit rund 200 Mitgliedern ausrichten könnten“, meinte Brudermeister Hand-Josef Dederichs bei der Begrüßung in der luftig-leichten Zeltkonstruktion, die genügend Raum für Abstand bot und doch ein Gemeinschaftsgefühl aufkommen ließ. „Der Abschied vom Dorf ist unsere Sache“, sagte Dederichs. Deshalb sollte es keine Besuche von Auswärtigen mit Grußworten geben. „Wir müssen uns von dem Ort trennen, in dem unsere Vorfahren gelebt haben und in dem wir noch leben oder lebten.“ Ein letztes Mal trifft sich die Schützenfamilie auf „der schönen“ Festwiese. „So schön ist das neue Kuckum noch lange nicht“, bedauerte Dederichs, der selbst schon umgesiedelt ist. Es gehöre zum Respekt, sich würdevoll von dem Ort zu verabschieden. „Ob es anders gekommen wäre, wenn wir 2009 beim Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen der Bruderschaft heftiger und lauter gewesen wären und mehr Widerstand geleistet hätten?“ Dederichs stellte die Frage in den Raum. „Die politische Entscheidung für unsere Vertreibung und den Klimawandel tragen andere. Wir müssen mit den Folgen der Fehler leben.“ Dederichs wünscht sich, dass der alte Ort bleibt. „Je weniger Kohleabbau, desto mehr Klimaschutz.“ Wer sich für den Erhalt des Orts und der landwirtschaftlichen Flächen einsetzte, dem gebühre Respekt. Darunter seien Schützenbrüder und -schwestern. Sie alle trügen dazu bei, dass die Kuckumer Bruderschaft eine lebendige sei. „Auch wenn man uns unsere Heimat nimmt, so bleibt uns unsere Würde erhalten.“ sagte Dederichs zum Abschluss seiner emotionalen, mit langem Beifall im Stehen bedachten Rede.

Von einem Abschied für den Neubeginn sprach Thomas Portz, Vorsitzender des Sportvereins NIersquelle Kuckum. Auch er appellierte an Erhalt der Gemeinschaft und forderte Respekt ein für alle, die nach wie vor gegen die Heimatzerstörung kämpfen. „Wir sind und bleiben Kuckum.“ Darin stimmte er mit Beate Zurmahr überein. Die Vorsitzende des Ortsausschusses räumte jedem das Recht ein, sich so zu entscheiden, wie er es für richtig hält. „Wir wünschen uns allen, dass der Neubeginn gelingt, egal wo und wie.“ Hauptsache sei, das Gemeinschaftsleben bleibe erhalten. Ihr Ehemann Dietmar Zurmahr sah den Nachteil der Umsiedlung. Die Löschgruppe Kuckum, deren Leiter er ist, wird am Umsiedlungsort mit den Einheiten aus Keyenberg und Borschemich zu einer neuen Einheit verbunden. Zurmahr sah aber auch einen Vorteil: eine neue, moderne, schlagkräftige Einheit, die schnell zur Stelle sein kann. Vielleicht bestehe ja doch noch Hoffnung für das alte Kuckum. „Es gibt Mitglieder der Bruderschaft, die dafür kämpfen.“ Auch sie gehörten zur Kuckumer Gemeinschaft.

Marita Dresen und Uschi Settels sind zwei der Kämpferinnen. „Unser aller Ziel sollte es sein, das Loch so klein wie möglich zu halten. Der Klimawandel macht auch vor dem neuen Kuckum nicht Halt“, mahnte Dresen. „Wir sollten uns unser Wir-Gefühl bewahren“, appellierte Settels. „Wir haben ein Neu-Kuckum und wir haben das alte Kuckum.“ Den Ort aus Profitgier von RWE zu zerstören, „ist nicht mehr notwendig“.
Bürgermeister Peter Jansen durfte als einziger Nicht-Kuckumer zu Wort kommen. „Ihr müsst als Gemeinschaft euren Weg gehen.“ Die Bruderschaft sei ein Bindeglied in der Gesellschaft. „Hier lebt eine Bruderschaft in einem starken Dorf.“ Allen wünschte er das Beste für die Zukunft, „für neu und alt – wenn möglich“.

Auch wenn das letzte Fest mit viel Melancholie verbunden war, so sah Dederichs doch den Wunsch nach Gemeinschaft, Zusammenhalt, Respekt und dem Recht auf einen Neuanfang, wo auch immer. „Wir lassen und nicht auseinanderbringen, sondern reichen uns die Hand.“

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