Historischer Spaziergang durch Umsiedlungsort Keyenberg Spaziergang durch Keyenberg: „Das ist unser Hambacher Forst“

Erkelenz · „Das ist unser Hambacher Forst“, sagte Ingo Bajerke, als er den Teilnehmern eines historischen Spaziergangs die Keyenberger Motte vorstellte.

 Ingo Bajerke vermittelt den Teilnehmern der Wanderung historische Fakten zum Haus Keyenberg.

Ingo Bajerke vermittelt den Teilnehmern der Wanderung historische Fakten zum Haus Keyenberg.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Auch hier gebe es, wie im Hambacher Forst, jahrhundertealte Buchen, die wegen der Braunkohltagebau gefällt und entsorgt werden müssen. Aber anders als im Hambacher Forst gibt es keinen lauten, bundesweit sichtbaren Widerstand. „Die Menschen hier leiden im Stillen“, meinte Antje Grothus, Mitglied der Kohlekommission aus Buir, die sich an dem Spaziergang durch Keyenberg beteiligte. Viele fühlen sich isoliert, ohnmächtig und allein im Kampf gegen den Energiekonzern, der mit allen Mitteln versucht, die Umsiedlung voranzutreiben und die Region zu roden, sagte Norbert Winzen, der gemeinsam mit Bajerke und Christiane Heinzle diesen historischen Spaziergang organisiert hat. „Wir wollen zeigen, was es hier gibt, und wir wollen zeigen, was verloren geht, wenn die Bagger aus dem Osten anrücken.“ Keyenberg sei älter als München oder Berlin und verfüge über historische Schätze, die einmalig seien, hieß es bei dem Spaziergang durch den Ort, der von der Kirche und dem Keyenberger Hof zur Motte und anderen Sehenswürdigkeiten zurück zur Pfarrheim führte.

„Wir sind total überrascht“, meinte Winzen angesichts der Teilnehmerzahl von über 50. Für die Organisatoren ist das ebenso ein Zeichen dafür, dass die Aufmerksamkeit für die drohenden Heimatverluste wächst, wie die Teilnahme von drei Fernsehteams, die unangemeldet den Spaziergang dokumentierten. Vielleicht habe ja die große, internationale Aufmerksamkeit bei der Vernichtung des Immerather Doms bewirkt, dass die Öffentlichkeit sensibilisiert wurde für die heimatbedrohende Problematik der Braunkohlegewinnung. „Jeder weiß, dass die Braunkohle keine Zukunft hat. Nur der Zeitpunkt des Ausstiegs steht noch nicht fest“, sagte Winzen in die Fernsehkameras. Hier hakte Grothus nach und forderte, was sie auch anschließend in der Diskussionsrunde erklärte, dass nämlich RWE aufgefordert werden müsse, keine Fakten zu schaffen, bis die Klimakommission ein Ausstiegsdatum festgelegt hat. „Sofortiger Stopp der Rodungsarbeiten im Hambacher Forst und sofortiger Stopp der Umsiedlungsverhandlungen in Erkelenz mit denjenigen, die nicht umsiedeln wollen, bis Klarheit geschaffen.“

Häufig musste der informative Spaziergang durch Keyenberg unterbrochen werden, weil immer wieder irgendein Fernsehteam irgendeinen Teilnehmer zur Problematik befragte, wobei die Tenor eindeutig war: Der Tagebau ist überflüssig, nicht erforderlich, die Rodung und die Umsiedlung sind reine Machtdemonstrationen des Konzerns. Was im Hambacher Forst geschehe, sei vielleicht bald im Bereich des Tagebaus Garzweiler II nicht mehr auszuschließen. „Man muss radikal werden“, sagte eine Teilnehmerin mittleren Alters, die sich kopfschüttelnd über die anstehende Vernichtung des Dorfes informierte, das mindestens schon seit dem achten Jahrhundert besteht.

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