Erkelenz Seelsorge: 55 Anrufe pro Tag

Erkelenz · Seit 1980 nehmen Ehrenamtler der Kirchen für die Telefonseelsorge den Hörer in die Hand. Heute wird der 30. Jahrestag gefeiert. Gleichzeitig suchen die geschulten Zuhörer neue Mitarbeiter. Ihre Dienste sind sehr gefragt.

KREIS HEINSBERG "Jo" erinnert sich noch gut an die Gedanken vor der ersten Nachtschicht am Telefon. Für die nächsten zwölf Stunden sollte es sein Ohr sein, das offen für die Probleme anderer ist. Wie 53 weitere Ehrenamtler arbeitet Jo bei der Telefonseelsorge Düren-Heinsberg-Jülich. Anonymität wird hier groß geschrieben, deshalb sind auch die Namen der Seelsorger Pseudonyme.

"Zuhören ist das Wichtigste"

Jo ist jüngstes Mitglied des Teams. "So eine Nacht ist schon eine Herausforderung, da lässt man Kraft", sagt er. Jo ist seit rund einem Jahr bei der Telefonseelsorge in Düren im Einsatz. "Nachts haben die Gespräche eine andere Qualität", findet er. Die Sorgen und Ängste der Menschen seien dann irgendwie gegenwärtiger.

Die Arbeit könne aber auch höchst befriedigend sein, sagt "Anna". Sie ist eine von sechs Mitarbeiterinnen, die seit 30 Jahren im Einsatz sind. Die Gespräche erdeten, hielten geistig jung und trügen viel zur eigenen Persönlichkeitsentwicklung bei, sagt sie. Es sei eine innere Befriedigung zu spüren, dass das Zuhören geholfen habe. "Das Zuhören ist das Wichtigste", sagt die Leiterin der Telefonseelsorge, Margot Kranz. Viele Menschen glaubten fälschlicherweise, dass es bei der Seelsorge um Beratung gehe. Das sei jedoch nicht der Fall. Den Menschen und seine Probleme ernst zu nehmen, ihn sich mitteilen zu lassen und für ihn da zu sein, darum gehe es in der Seelsorge, betont Kranz.

Damit die Ehrenamtler gut vorbereitet an ihre Arbeit gehen, absolvieren sie vorher eine kostenlose Ausbildung über ein Jahr. Um selbst Abstand von den teils sehr schwerwiegenden Problemen am Hörer zu gewinnen, gibt es regelmäßige Besprechungen der Ehrenamtler. Gleichzeitig werden sie vier Mal jährlich weiter fortgebildet. Im Rückblick auf 30 Jahre Arbeit habe sich manches verändert, sagt Kranz. Der ursprüngliche Schwerpunkt Krisenhilfe wandle sich mehr und mehr zur Lebensbegleitung.

Bei den durchschnittlich 55 Anrufen täglich berichten die Ratsuchenden von unterschiedlichen Problemen. Den größten Anteil haben Gespräche über psychische Probleme (14,4 Prozent), dicht gefolgt von Schwierigkeiten in der Partnerschaft (12,3 Prozent). Der Jahresbericht 2009 weist auch auf Tendenzen hin. So ist bei mehr als zehn Prozent der Gespräche eine leichte oder schwere Armutssituation der Hintergrund. Auch sorgen über die Sicherheit der Arbeitsverhältnisse steigen an, heißt es dort.

Gestartet ist die Telefonseelsorge in Düren 1980 als katholische Einrichtung des Bistums Aachen. Seit 1990 ist der Kirchenkreis Jülich mit in der Trägerschaft. Zum 30. Jahrestag feiern die Träger heute um 19.30 Uhr einen liturgischen Abend in der St. Anna Kirche in Düren.

(RP)
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