Erkelenz Schüler reden übers Sterben

Erkelenz · Der Tod gehört zum Leben. Das lernen 400 Schüler aus zwölf Schulen in einem Pilot-Projekt mit dem Erkelenzer Hospiz. Sie beschäftigen sich im Unterricht mit dem Thema "Tod und Sterben" und schreiben an einem Hospiz-Buch.

 Projektleiter Gerd Felder und Hospizleiterin Ulrike Clahsen (Mitte) sprechen in der Hospiz-Küche mit Praktikantinnen. Bald werden Schülergruppen die Räume besuchen und mehr über Hospizarbeit erfahren.

Projektleiter Gerd Felder und Hospizleiterin Ulrike Clahsen (Mitte) sprechen in der Hospiz-Küche mit Praktikantinnen. Bald werden Schülergruppen die Räume besuchen und mehr über Hospizarbeit erfahren.

Foto: Günter Passage

"Wenn es um das Ende des Lebens geht, verdrängen die Menschen das Thema gerne", sagt Gerd Felder. Dass Jugendliche durchaus bereit sind, sich mit dem heiklen Thema "Tod und Sterben" auseinanderzusetzen, will der Journalist mit dem "Team Zirkel" aus Münster beweisen. "Endlich. Mitten im Leben" — das Motto des Erkelenzer Hospizes ist auch Titel des ungewöhnlichen Schulprojektes, das erstmalig im Rheinland startet und an dem sich 19 Klassen aus zwölf Schulen im Kreisgebiet beteiligen.

Amoklauf, Suizid, Sterbehilfe

Ob Loveparade-Opfer, Mord an Mirco aus Grefrath, Robert Enkes Suizid, Amokläufe, Bestattungskultur und Sterbehilfe oder Todesstrafe — mit solchen Aspekten des Themenbereiches setzen sich die Schüler im Unterricht auseinander. Träger des Projekts ist das Hospiz der Hermann-Josef-Stiftung. Mit Leiterin Ulrike Clahsen haben die 400 Jugendlichen eine offene Ansprechpartnerin, die alle Klassen grüppchenweise durch das Haus führen und ihnen Hintergründe der Hospizarbeit erklären wird. Für sie ist der Kontakt mit Schülern nichts Neues: "Es hat schon Historie, dass wir mit Schulen arbeiten. Als das ,etwas andere Hospiz' waren wir von Anfang an ein offenes Haus." Clahsen weiß daher, dass sich Jugendliche für das "heikle Thema" interessieren und Tod als zum Leben gehörend erfahren. "Damit sind sie wunderbare Multiplikatoren. Und Schüler tragen nicht zuletzt durch Spendenaktionen dazu bei, dass wir existieren können."

Das "Team Zirkel", dem Journalisten, Pädagogen und studentische Mitarbeiter angehören, hat ähnliche Projekte mit Hospizen im Münsterland und Ruhrgebiet durchgeführt. Am Ende stand jeweils ein Buch mit Beiträgen der Schüler. Sie interviewen Bestatter und Kripo-Beamte, Seelsorger und Pflegekräfte, Ärzte und Psychologen, sie besuchen Friedhöfe und Bestatter, arbeiten Zeitungsberichte durch und informieren sich gründlich über Hospizarbeit. In den nächsten zehn Wochen zeichnen und fotografieren sie, schreiben Texte in allen journalistischen Stilformen, verfassen Gedichte und Kurzgeschichten.

Für Felder ist ein Hospiz ideale "Plattform für viele Fragen und Antworten". Heute sterben 75 Prozent der Menschen nicht zu Hause, in den Familien gibt es keine Aufbahrung oder Totenwache mehr. "Junge Menschen haben keine Möglichkeit mehr, den natürlichen Umgang mit Sterben zu erfahren", erklärt der Projektleiter. Kürzlich forderte das Kinderhospiz in Olpe, das Thema mehr in den Unterricht zu bringen. "Wir wollen zeigen, dass ein Hospiz nicht für Angst und Schrecken steht", unterstreicht Gerd Felder. "Denn der Tod gehört zum Leben und nicht in die Tabu-Ecke."

(RP/ac)
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