Erkelenz Schlangestehen für die Beichte

Erkelenz · Vor kurzem feierte Konrad Emonds sein 50-jähriges Küsterjubiläum. Gut 45 Jahre davon wirkte er an St. Lambertus. Gerne erinnert er sich an die Anfänge 1959 – auch wenn er da eine ganze Menge zu tun hatte.

Vor einem Monat feierte Konrad Emonds sein Goldenes Küsterjubiläum – über 45 dieser 50 Jahre arbeitete er an St. Lambertus Erkelenz. Im Gespräch mit der Redaktion blickte "Konny" auf die Anfangsjahre in Erkelenz zurück.

1959 sah das Leben in St. Lambertus sicherlich ganz anders als heute aus.

Emonds Allerdings. Das fängt bei der Zahl der Priester an. Oberpfarrer Hans Walter Bosch wurde von einer ganzen Reihe weiterer Priester unterstützt: von den Kaplänen Kirsten und Diehls, vom niederländischen Pater Christoopher sowie als Subsidiare von Pfarrer Lautenschlager, Berufsschulpfarrer Nabben und Oberstudiendirektor Pellen, dem Leiter des Mädchengymnasiums.

Ein städtisches Gymnasium wurde von einem Priester geleitet?

Emonds Ja. Das war damals gar nicht so ungewöhnlich.

Bei der Vielzahl der Priester dürfte es auch weit mehr Gottesdienste als heutzutage gegeben haben.

Emonds Kann man sagen. Ein ganz gewöhnlicher Sonntag sah so aus: "Normale" Messen um 6.30, 7.45, 9, 10 und 11.15 Uhr, dazu um 10 Uhr Kroatenmesse in der Krypta, Engländermesse um 12.15 Uhr, Gehörenlosenmesse um 14 Uhr, um 15 und 16 Uhr Tauffeiern und um 18 Uhr Andacht oder Vesper. Und werktags gab's täglich Messen um 6.30, 7.15 und 8 Uhr; es folgten Exequien um 9 und 10 Uhr und die Abendmesse um 19 Uhr.

Davon ist heute ja nicht mal die Hälfte übrig geblieben.

Emonds Ja. Dabei zählte St. Lambertus damals nur 8800 Seelen – heute sind es rund 11 500. Die Zahl der praktizierenden Katholiken war damals freilich viel, viel höher als heute. Sonntägliche Kirchenzählungen haben wiederholt eine Zahl von 4500 bis 5000 Gottesdienstbesuchern ergeben. Zieht man Babys, Kleinstkinder und alte Menschen, die die Kirche nicht mehr besuchen können, von der Gesamtzahl ab, kommt man locker auf eine Quote von weit über 70 Prozent.

Für Sie war das aber bestimmt auch ein Haufen Arbeit.

Emonds 65 bis 75 Stunden in der Woche waren normal. Bis 1976 hatte ich eine Sieben-Tage-Woche – und nur zwei Wochen Jahresurlaub. Doch ich habe das immer gerne gemacht. Über die Reduzierungen habe ich mich nicht gefreut. Ich war schon traurig, als beispielsweise die täglichen Mai-Andachten und Rosenkranzandachten im Oktober wegfielen. Gerne denke ich auch an die jeweils acht Roratenmessen in der Adventszeit zurück, auch wenn ich nach denen eine ganze Menge zu tun hatte. Da wurde die Kirche nämlich nur von den Gottesdienstbesuchern mit Kerzen erleuchtet – und so was wie Schutzhüllen gab es damals noch nicht. Da durfte ich anschließend immer den ganzen Wachs vom Boden kratzen.

St. Lambertus galt zudem als absolute Beicht-Hochburg.

Emonds Jeden Samstag saßen vier Priester von 15 bis 18 Uhr im Beichtstuhl. Vor Hochfesten wie Ostern und Weihnachten waren es gar sieben. Da haben hier locker 2500 in einer Woche gebeichtet. Die Leute standen damals dafür von der Krypta bis rauf zum Markt Schlange – heute völlig unvorstellbar.

Was war denn Ihr erstes prägendes Erlebnis in St. Lambertus?

Emonds Die Fronleichnamsprozession im Juni 1959. Da war ich ja gerade wenige Wochen hier. 3000 Menschen machten die vierstündige Prozession mit – und das, obwohl es extrem heiß war. Die Priester in ihren dicken Festgewändern haben geschwitzt ohne Ende.

Damals hatte die Pfarre auch noch einen Kirchenschweizer.

Emonds Ja, das war der Josef Keller. Der hat in der Kirche richtig für Ordnung gesorgt – zum Beispiel beim Kindergottesdienst. Den besuchten damals rund 600 Kinder und ebenso viele Erwachsene. Wenn sich da ein Erwachsener in die für die Kinder reservierten Bänke setzte, holte Josef Keller den da wieder raus. Der war eine echte Respektsperson. Nach ihm gab es an St. Lambertus keinen Kirchenschweizer mehr.

Was war denn in den 45 Jahren der bestbesuchte Gottesdienst?

Emonds Zwei fallen mir ein. Zum einen die Christmette 1959. Die war damals ein Pilotprojekt, wurde nämlich erstmals Heilig Abend um Mitternacht gefeiert. Bis dahin fand sie immer erst am 1. Weihnachtstag früh morgens um 5 oder 6 Uhr statt. Rund 2500 Menschen kamen. Die standen bis auf den Markt und Johannismarkt – mit so vielen hatte keiner gerechnet. Genauso voll war es im Novemer 1961 bei der Beerdigung von Oberpfarrer Otto Frings. Auch sein Vetter, der berühmte Kardinal Frings, nahm daran teil.

(RP)
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