Erkelenz Polizei sorgt sich um die Verkehrsmoral

Erkelenz · 2016 verletzten sich im Kreis Heinsberg weniger Menschen bei Verkehrsunfällen. Smartphones sind immer öfter ein Problem.

Erkelenz: Polizei sorgt sich um die Verkehrsmoral
Foto: Speen/THW Hückelhoven/Heldens (2)/ Freiwillige Feuerwehr Hückelhoven

Eine im Grundsatz zufriedenstellende Bilanz zog die Verkehrspolizei gestern vom vergangenen Jahr. Im Kreis Heinsberg gingen zum Beispiel die Unfälle mit Personenschäden und damit die Anzahl der Verunglückten zurück, während es auf ganz Nordrhein-Westfalen gesehen Anstiege zu verzeichnen gab. Dennoch zeigte sich Polizeidirektor Andreas Bollenbach in Sorge, was nicht einmal mit dem wieder leichten Anstieg bei der Gesamtzahl der Verkehrsunfälle zusammenhing. Es war die Verkehrsmoral, welche den Leiter der Polizei im Kreis Heinsberg beschäftigte: "Die Flucht vom Unfallort, wenn sich die Gelegenheit bietet, nimmt weiterhin zu. Und das Nutzen von Smartphones am Steuer wird immer häufiger." Auf beides wolle die Polizei dieses Jahr bei Kontrollen ein besonderes Augenmerk legen.

 Heinrich Kaumanns von der Direktion Verkehr, Kreispolizei Heinsberg, stellte die Zahlen vor.

Heinrich Kaumanns von der Direktion Verkehr, Kreispolizei Heinsberg, stellte die Zahlen vor.

Foto: Speen

Zahlen hierzu legte Heinrich Kaumanns von der Polizeidirektion Verkehr vor. Über die vergangenen vier Jahre ist die Anzahl der Fahrerfluchten nach Unfällen gestiegen. Bisheriger Höhepunkt war 2016 mit 1669 angezeigten Fällen. "Der Parkrempler wird immer mehr zum Kavaliersdelikt", sagte Kaumanns. Allerdings sei die Gefahr, entdeckt zu werden, hoch: "Die Aufklärungsquote betrug bei uns im Vorjahr 73 Prozent, während sie landesweit bei 66 Prozent lag. Auf unseren Wert sind wir stolz." Glücklicherweise sei die Anzahl der Unfälle mit Personenschaden und Flucht im vorigen Jahr um 17 auf 63 gesunken, berichtete Kaumanns. Dies sei der niedrigste Wert der zurückliegenden fünf Jahre. Die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr sinkt. Zwar geht das nicht unmittelbar aus den gestern vorgelegten Statistiken hervor, dafür aber aus der polizeilichen Erfahrung, erklärten Bollenbach wie Kaumanns. "Die vom Smartphone im Straßenverkehr ausgehende Gefahr muss endlich gesellschaftlich anerkannt werden", forderte Bollenbach. Dafür werde sich seine Behörde in diesem Jahr im Besonderen einsetzen. Kaumanns ergänzte: "In einer Vielzahl von Verkehrsunfällen gehen wir von einer Ablenkung, wie einem Handy oder Smartphone auf dem Oberschenkel, aus. Dadurch wirkt manches Fahrverhalten wie das eines Fahrers unter Alkohol- oder Drogeneinfluss." Er warnte: "60 Meter ist der Fahrer bei nur einem Blick auf sein Smartphone weiter - und dabei blind für den anderen Verkehr. ,Schatz, ich hab' dich lieb' könnte die letzte Nachricht sein, die er liest." Die Einschätzung, dass die Smartphone-Nutzung am Lenkrad zunimmt, bestätigten auch die Bilanzen der allgemeinen Verkehrskontrollen: "Wurden 2014 aus diesem Grund 1344 Bußgeldbescheide geschrieben, so waren es 2016 bereits 1661." Um Unfälle aufzuklären, wolle die Kreispolizei künftig noch stärker Handydaten auswerten.

Häufigste Unfallursache blieb im vergangenen Jahr die unangepasste Geschwindigkeit. In 229 Fällen war sie Hauptgrund für das Unglück. Deshalb kündigte Kaumanns für 2017 zusätzliche Sonderkontrollen an, denn: "Es bleibt in unserer Arbeit der größte Schwerpunkt, die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden zu senken." Das Minus von 3,5 Prozent auf 825 Unfälle im Vorjahr (NRW plus 3,1 Prozent) sei als positive Entwicklung zu werten, "die anspornt, noch stärker tätig zu werden". Was aber auch notwendig sei, da es beispielsweise "leider wieder mehr Verkehrstote gegeben hat" und da es Altersgruppen gebe, die mehr als andere in Unfälle verwickelt waren. Dazu gehörten, trotz guter Entwicklungen, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (minus 11,3 Prozent auf 180 Verunglückte; NRW plus 3,8 Prozent) sowie Senioren, wozu Kaumanns sagte: "Dort hatten wir ein Plus von sechs Prozent, das uns Sorgen bereitet, zumal Senioren auch häufiger schwer verletzt werden." Verstärkt wolle die Kreispolizei auch hiergegen anarbeiten: "Wir setzen die Kurse für Senioren und die Crash-Kurse für Jugendliche fort."

(spe)
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