Vom Hambacher Forst nach Erkelenz Spaziergang mit politischer Botschaft

Erkelenz · Um den Hambacher Forst nach den Ereignissen der Vorwochen zu schonen, hatte Naturführer Zobel zum Spaziergang nach Keyenberg eingeladen. Ihm folgten fast 900 Menschen, die für ein Umdenken in der Energiepolitik eintraten.

 Hunderte Menschen waren zum Dorf- und Waldspaziergang nach Keyenberg gekommen und gaben damit eine politische Botschaft.

Hunderte Menschen waren zum Dorf- und Waldspaziergang nach Keyenberg gekommen und gaben damit eine politische Botschaft.

Foto: Thomas Mauer

Der Aufmarsch war beachtlich, die Ordnungskräfte hatten gut zu tun, denn in Keyenberg prallten am Sonntag verschiedene Interessen aufeinander. Eine als Dorf- und Waldspaziergang angekündigte Wanderung durch den Ort entwickelte sich als friedliche Demonstration gegen die Braunkohle und für ein Umdenken in der Energiepolitik.

Um den Hambacher Forst nach den Ereignissen der vergangenen Wochen ein wenig zu schonen, hatten sich Naturführer Michael Zobel und seine Lebensgefährtin Eva Töller dazu entschieden, den monatlichen Waldspaziergang – dem dort zuletzt Tausende gefolgt waren – in den Erkelenzer Ortsteil zu verlegen, der ebenfalls dem Braunkohlenbagger weichen soll. „Ich wollte, dass wir alle ein wenig zur Ruhe kommen“, sagte Zobel und tat sein Möglichstes dafür.

Vor dem alten Keyenberger Gotteshaus war eine Jugendgruppe von Greenpeace angetreten, die politische Parolen skandierte. Daneben standen Motorradfahrer aus dem „RWE-Lager“, die dort „rein zufällig“ vorbeigekommen waren, wie sie mehrfach betonten. Dazwischen versuchte Naturführer Zobel – unter den Augen der Polizei – die Situation zu entschärfen. Mit Erfolg.

 Michael Zobel leitete den politischen Spaziergang durch Keyenberg und rief zum Dialog auf.

Michael Zobel leitete den politischen Spaziergang durch Keyenberg und rief zum Dialog auf.

Foto: Thomas Mauer

Denn Zobel lud alle ein, die ein Statement oder eine Botschaft vorbringen wollten. Gleich zu Beginn sprach dieser Einladung folgend der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des RWE-Tagebaus Garzweiler, Klaus Emmerich, über gemeinsame Ziele und die Notwendig, das Gespräch zu suchen: „Unsere Ziele sind gleich, nur über die Wege dahin unterscheiden wir uns.“ Viel Beifall lockerte die anfängliche Spannung. „Ich kann mich mit Vielem identifizieren“, dankte Zobel. Immer wieder wurde betont, dass der Dialog entscheidend sei. Auf Unverständnis stieß deshalb die Haltung der Erkelenzer Christkönig-Pfarrei, wie Zobel erklärte, die Kirche in Keyenberg während des Dorf- und Waldspaziergangs geschlossen zu halten; dem jedoch widersprach Pastor Werner Rombach auf Nachfrage unserer Redaktion und erklärte, dass der Kirchenraum sonntags außer zu Gottesdiensten nie zu betreten sei.

Die etwa 900 Besucher – etwa ein Drittel war aus Keyenberg und der Nachbarschaft gekommen, wie Zobel per Fingerzeig abfragte – zogen anschließend friedlich durch den Ort, erhielten an markanten Stellen erklärende Erzählungen aus der langen Geschichte von Keyenberg und wanderten danach in das Wäldchen am Rande des Ortes.

„Lebensqualität hängt nicht vom Konsum ab“, hatte Elisabeth Reckers in ihrem Grußwort gesagt. Die Vertreterin einer Bürgerinitiative aus dem Wendland war eigens nach Keyenberg gekommen. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, erklärte Christel Honold-Ziegahn und verwies auf jüngste Umfragen, die den Umschwung in der gesellschaftlichen Meinung ausdrückten.

 Anwohner plakatierten ihre Sorge vor einem Geisterdorf.

Anwohner plakatierten ihre Sorge vor einem Geisterdorf.

Foto: Speen

„Wir sehen das hier als ein Zeichen, dass die Bewegung Fahrt aufgenommen hat“, sagten Kerstin und Bernhard. „In ein paar Jahren schauen wir nur noch ins Loch“, denn beide leben in Wanlo und blicken mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Damit abgeschlossen haben auch Teile der Bevölkerung: „RWE soll kommen, wir wollen weg“, prangte als Plakat an einem Hoftor. „Es ist eine bekloppte Situation für uns“, ergänzte Bernd Zimmermanns, der im Ort geboren und aufgewachsen ist.

Es gab aber auch enttäuschte Bewohner, die nicht mitwanderten. Man hat sich abgefunden und will die rasche Entscheidung, damit die eigene Zukunft wieder planbar wird. Schmerz über den künftigen Verlust, Wut über das Gefühl, allein gelassen zu sein, und eine gehörige Resignation waren am Rande der Veranstaltung deutlich zu hören. Umso wichtiger die Aufforderung des Naturführers Zobel, der immer wieder die Notwendigkeit des Dialogs aller Beteiligten betonte.

Die Friedlichkeit der Veranstaltung betonte auch der Einsatzleiter der Polizei. Mit Fingerspitzengefühl intervenierte die Ordnungsbehörde an den Stellen, wo es gesetzlich notwendig war. Die Gelassenheit der Teilnehmer hatte ihren Anteil am Gelingen der Veranstaltung.

Ein Interview, in dem Naturführer Michael Zobel sein Engagement in Keyenberg begründet, lesen Sie hier.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort