Erkelenz Nachdenken über Zivilcourage

Erkelenz · Das Wittener Ensemble "Theaterspiel" gastierte mit dem Stück "Hin- und Wegsehen". Mehr als 500 Schüler sahen das Stück für Zivilcourage und gegen rechte Gewalt. Die Schüler waren ergriffen vom dramatischen Schluss des Stücks.

 Szene aus "Hin- und Wegsehen": Juli (Floriane Eichhorn) und Sem (Tobias Vorberg) diskutieren.

Szene aus "Hin- und Wegsehen": Juli (Floriane Eichhorn) und Sem (Tobias Vorberg) diskutieren.

Foto: JÜRGEN LAASER

Das Handy piept. Als Klingelton ertönt die deutsche Nationalhymne. Dazu prangt auf Julis Shirt der Satz "Wir sind Deutschland". Dann rutscht sie in die rechte Szene ab. Diese Tatsache sorgt für das Aus ihrer Liebe zu Sem. Irgendwann ist es zu spät für Juli zu erkennen, dass Rechts nicht recht ist.

Autorin Beate Albrecht: "Es gibt leider eine gute funktionierende rechte Szene in Witten"

"Hin- und Wegsehen" — so lautet der Titel des Theaterstücks, das die Schüler des Cornelius-Burgh-Gymnasiums, der Europaschule, Realschule der Stadt Erkelenz, der Gemeinschaftshauptschule und der Pestalozzischule gesehen haben. Im Rahmen der vom Kreistag am 18. Dezember 2008 beschlossenen Bildungsoffensive gegen extreme Parteien bot das Kreisjugendamt gemeinsam mit den Jugendämtern Erkelenz und Hückelhoven die Auseinandersetzung mit dem Thema an. Zu Gast war das Theater "Theaterspiel" aus Witten.

Beate Albrecht hat das Stück geschrieben, "weil es leider in Witten eine gut funktionierende rechte Szene gibt". Im Stück verkörpert sie Vera, die Schwester von Juli, dargestellt von Floriane Eichhorn. Juli wird zum Sorgenkind. Sie und ihr Freund Sem (Tobias Vorberg) waren füreinander bestimmt. Doch dann lief irgendetwas schief. Beide machen sich in unterschiedliche Lager auf — während Juli in die rechte Szene abrutscht, bleibt Sem bei seinen Freunden mit Migrationshintergrund. Das belastet die Beziehung, die zerbricht.

Im Stück eskaliert die Lage, bis es einen Toten gibt

Doch damit nicht genug: Die Lager geraten in Clinch, den Alltag bestimmen Verletzungen, Mobbing und Vorurteile. Die Rechtsradikalen sorgen für Eskalation. Sie geht so weit, dass Juli Sem mit einer Waffe bedroht und ihn erschießt. Juli erkennt zu spät, dass sie auf die falsche Ideologie gesetzt hat.

"Mit einem solch tragischen Ende habe ich nicht gerechnet", bilanzierte Markus Wilmer, Erkelenzer Stadtjugendpfleger das Stück. Auch die Schüler waren mitgenommen, was das Nachgespräch mit den Schauspielern bewies. Es wurde deutlich, dass sich die Jugendlichen mit dem schwierigen Thema auseinandersetzen: Sie stellten Fragen zu verbotenen Symbolen, thematisierten die Auschwitzlüge, griffen den Rassismus auf — dass hier viel Zivilcourage nötig ist, wurde klar.

Für das Ensemble indes steht die Frage im Mittelpunkt, warum es so schwierig ist, friedlich miteinander zu leben. "Darum auch das Stück", meinte Beate Albrecht. Ein Ziel haben die Schauspieler erreicht: Sie regten die Jugend zum Nachdenken darüber an, dass noch viel zu tun ist, den Rassismus und die Fremdenfeindlichkeit aus Alltag und Gesellschaft zu verbannen. In drei Aufführungen in Erkelenz sahen mehr als 500 Schüler das Theaterstück.

(RP)
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