Lost Places in der Region Jäger der verlorenen Orte

Erkelenz · Sie sind verlassen, dreckig und verraten meist nur wenig über ihre früheren Bewohner: Verlassene Orte, sogenannte Lost Places, ziehen immer mehr Fotografen an. Warum haben diese Orte eine so große Anziehungskraft?

Faszinierende Fotos von Lost-Places
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Faszinierende Lost-Places

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Foto: Peter Gebhard

Jedes Mal, wenn sich Peter Gebhard (Name geändert) auf den oft holprigen und verwucherten Weg zu einem verlassenen Haus irgendwo im Nirgendwo aufmacht, kribbelt es in seinem Bauch. "Wenn ich die Türe dann öffne, oder ich einen anderen Weg hinein finde, ist das ein richtiger Adrenalinschub für mich", sagt Gebhard. Was ihn erwartet, ist immer ungewiss. Steht das Haus wirklich leer? Welche Geschichte verbirgt sich dahinter?

Der 45-Jährige fotografiert leidenschaftlich gerne "Lost Places". Das sind Häuser, die leer stehen, alte Fabrikgebäude, in denen seit Jahren nicht mehr gearbeitet wird oder Ruinen aus der Kriegszeit. Für seine Fotos fährt der Schwanenberger teilweise sogar über 500 Kilometer weit. "An Ostern bin ich zum Beispiel bis hinter Brüssel gefahren und habe in einer alten Schlossruine den ganzen Tag verbracht", sagt Gebhard.

"Normale" Motive schnell zu langweilig

Die Lust am Fotografieren kam vor zwei Jahren. "Damals schenkte mir ein Freund eine Kamera", sagt der 45-Jährige. Schnell seien ihm die meisten Motive aus dem Alltäglichen aber zu langweilig geworden. Gebhard wollte mehr. Mehr Spannung, mehr Nervenkitzel.

Lost Places NRW: Verlassene Orte in Köln, Düsseldorf & Co.
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Lost Places in NRW

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Foto: picture alliance / Eibner-Presse/Augst / Eibner-Pressefoto

Am spannendsten findet Gebhard die Geschichten hinter den verlassenen Orten. "In so einer Wohnung müssen schon verstaubte Möbel stehen oder Vasen, an denen Spinnenweben hängen. Das macht das Ganze erst aufregend", sagt er. Wohnungen, in denen es aussieht, als sei die Zeit still gestanden, fotografiert Gebhard besonders gerne. "Man fragt sich, wer hat hier gewohnt? Wer hat sich morgens in dieser Küche Kaffee gemacht und warum lebt diese Person hier nicht mehr?" Dabei folgt Gebhard jedoch einem Ehrenkodex: "Es wird nichts angefasst oder verrückt. Alles bleibt so, wie ich es vorgefunden habe."

Hinweise auf Locations in sozialen Netwerken

Immer wieder ist der 45-Jährige auf der Suche nach neuen Motiven. "Ich habe auf Facebook neue Freunde kennengelernt, die ebenfalls verlassene Plätze fotografieren. Es gibt eine richtige Community dafür", sagt der Schwanenberger. Dort bekam er auch Hinweise auf Orte, an denen man gut fotografieren kann. Mittlerweile habe er aber selbst ein gutes Auge dafür. "Vor allem in Belgien gibt es viele verlassene Wohnungen oder Häuser", sagt Gebhard. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht er die Fotos seiner Ausflüge.

Wenn der 45-Jährige in ein Haus tritt, bewegt er sich nicht nur auf teils morschen Böden, sondern auch in einer rechtlichen Grauzone. "Eigentlich ist das Hausfriedensbruch, was man da macht." Zu Beginn habe er noch versucht, offiziell Genehmigungen zum Betreten der Grundstücke zu bekommen. "Das habe ich aber schnell aufgegeben", sagt er. Bei Gebäuden die der Stadt oder dem Staat gehören, wolle niemand für ihn haften, falls ihm etwas passiert.

Lost Places: Immerath - ein Geisterort
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Immerath - ein Geisterort

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Foto: sola-donum

Vorsicht ist geboten

Die Ausflüge zu den verlassenen Orten sind nämlich nicht ganz ungefährlich. "Oft sind die Treppen marode oder die Dächer einsturzgefährdet", sagt der 45-Jährige. Daher fotografiert Gebhard auch nie alleine, sondern ist immer mit mindestens einem Gleichgesinnten unterwegs. "Wenn etwas passiert, kann der Andere schnell Hilfe holen."

Damit er sich möglichst sicher in den alten Gebäuden bewegen kann, hat Gebhard sich eine entsprechende Ausrüstung zugelegt. "Ganz wichtig sind dabei eine sehr starke Taschenlampe und festes Schuhwerk", weiß der Fotograf. Die Kleidung soll nicht auffällig, sondern funktional sein. "Damit man nicht so gut gesehen wird von außen." Und das wichtigste darf natürlich nicht fehlen: Eine gute Kamera.

(Der echte Name ist der Redaktion bekannt)

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