Letztes Dorffest in Keyenberg Die Umsiedlung im Team bewältigen

Erkelenz · Keyenberg muss dem Braunkohlentagebau Garzweiler II weichen. Die Dorfgemeinschaft feierte jetzt im alten Keyenberg zum letzten Mal ein Dorffest. In die Freude über das schöne Spätsommerwetter mischte sich Melancholie.

 Beim letzten Dorffest in Keyenberg kamen einige Teams für das Menschenkicker-Turnier zusammen. Hier kämpfen die Glasgow Rangers gegen die Turbo Schnecken.

Beim letzten Dorffest in Keyenberg kamen einige Teams für das Menschenkicker-Turnier zusammen. Hier kämpfen die Glasgow Rangers gegen die Turbo Schnecken.

Foto: Ruth Klapproth

„Wenn Engel feiern, lacht die Sonne“, meinte Agnes Maibaum, als sie auf dem Schulhof der Grundschule in Keyenberg im Namen der Dorfgemeinschaft die Besucher des Dorffestes begrüßte. Aber in die Freude über das schöne Spätsommerwetter mischte sich Melancholie, schließlich war es das letzte Dorffest in Keyenberg, das an diesem Wochenende gemeinsam mit dem Schützenfest der Schützenbruderschaft gefeiert wurde.

Der Grund dafür war unübersehbar: In den Feldern rund um Keyenberg arbeiten sich die schweren Baumaschinen von RWE als Vorboten des immer näher rückenden Tagebaus Garzweiler II vor. Das nächste Dorffest wird die Dorfgemeinschaft Keyenberg, Berverath, Unter- und Oberwestrich, in welcher Form auch immer, am Umsiedlungsort im Erkelenzer Norden feiern. „Hier haben wir dank der guten Beziehung zur Grundschule ein optimales Gelände. Was uns im neuen Keyenberg erwartet, müssen wir sehen“, meinte Agnes Maibaum, die große Hoffnung auf die neue Gemeinschaftshalle setzt, die im Umsiedlungsort gebaut wird. Die Gedanken an die Zukunft wischte sie beiseite. „Ich bin voll auf das Dorffest fixiert.“ Froh ist sie über den großen Andrang, „trotz des Wetters“. Eigentlich hätte sie erwartet, dass viele in der Umsiedlung stehenden Keyenberger lieber an ihren Neubauten arbeiten würden statt zu feiern. Etliche bereits umgesiedelte Keyenberger haben den Shuttle-Dienst beansprucht, um zurück ins alte Dorf zu kommen. „Es ist schon komisch, wieder einmal hier zu sein“, sagte die bereits umgesiedelte Heike Posny. „Wir haben es schön im neuen Haus, aber es ist anders und hier war es auch schön.“ Er habe mit der Vergangenheit abgeschlossen, als er den Haustürschlüssel abgeliefert habe, ergänzte ihr Partner Norbert Hollmann. „Jetzt geht es nicht mehr zurück.“

Zurück in ihre ehemalige Schule hat es zum Dorffest die frühere Lehrerin Marianne Meißen gezogen. Auf Einladung der Dorfgemeinschaft war sie Jurymitglied bei einem Malwettbewerb, in dem die Grundschüler aus Keyenberg ihre Ideen zum Thema „So träume ich mir mein Dorf“ vorgestellt hatten. „Mein Auto findet den Weg fast noch automatisch“, sagte sie im Gespräch mit ihrem ehemaligen Schüler Alexander Tetzlaff, der Brudermeister der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft ist. „Ich weiß noch genau, wo du gesessen hast“, sagte sie vergnügt, um sich dem nächsten ehemaligen Schüler zu widmen. Von 1971 bis 2009 hat die in Erkelenz lebende Lehrerin in Keyenberg unterrichtet. „Der Kindergarten ist weg, im neuen Ort gibt es auch keine Schule, die Infrastruktur mit den vielen Geschäften verschwindet ebenfalls.“

Keyenberg sei das Dorf, das durch den Tagebau und die Umsiedlung am meisten verliert, bedauert Agnes Maibaum. Deshalb sei es umso wichtiger, dass die Dorfgemeinschaft funktioniert, ergänzte René Wagner, der mit Agnes Maibaum im Vorstand der Dorfgemeinschaft tätig ist. „Gemeinsam für unsere Dörfer“, so lautet nicht nur das Motto des Festes, so lautet auch das Motto der Dorfgemeinschaft. „Es ist zwar ein Abschied, aber zugleich auch ein Nicht-Abschied“, meinte Wagner. „Im neuen Keyenberg wird die Dorfgemeinschaft weiter machen, auch wenn es im Moment weh tut und wir vieles vermissen werden.“

Die Dorfgemeinschaft und der Zusammenhalt seien kein Selbstläufer, betonte Marcel Breker, der sich aktiv am Dorffest mit dem Stand beteiligt, „der die meiste Arbeit macht.“ 30 Kilogramm Champignons wird er in rund 120 Portionen gut gewürzt und gebraten unters Volk bringen. „Alles für die Dorfgemeinschaft.“ Es sei zwar das letzte Fest an diesem Ort, aber wir werden weiter machen“, sagte er zuversichtlich, während er sich gemeinsam mit seiner zukünftigen Nachbarin in Keyenberg (neu), Elisabeth Tetzlaff, an das Zubereiten der Pilzgerichte machte. Nebenan beschäftigte sich derweil Bernd Pauli mit „Annabell“. Das sei die Kartoffelsorte, die sich am besten für seine Spezialität, die Kartoffelspiralen eigne, erklärte er und blickte während des Frittierens auf den Nachbarstand der Messdienergemeinschaft Keyenberg, Kuckum, Venrath, an dem Hotdogs, auch vegetarische, angeboten werden.

Es sei erfreulicherweise viel los, sagte Wagner mit Blick auf den Trubel am Menschenkicker, am Getränkestand und an der Cafeteria. So soll es auch 2020 sein. „Für uns zählt nicht der Ort, für uns zählen die Menschen und die Gemeinschaft.“ Zu dieser Gemeinschaft gehört auch die Karnevalsgesellschaft Grubenrandpiraten Keyenberg. Die Kindergruppe und die Garde eröffneten den unterhaltsamen Reigen beim Dorffest für einen „extra für uns einstudierten Sommertanz“, sagte Agnes Maibaum – passend zur Sonne, hinter der dunkle Wolken über Keyenberg aufziehen werden.

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