In der Erkelenzer Werkstatt der Lebenshilfe Heinsberg Maschinen für Menschen

Erkelenz · In der Arbeitsgruppe B5 der Werkstätten der Heinsberger Lebenshilfe, die seit langer Zeit auch an der Brüsseler Allee in Erkelenz einen Betrieb haben, dreht sich alles um Seile und Schnüre.

 Die neue Handwickelmaschine der Lebenshilfe.

Die neue Handwickelmaschine der Lebenshilfe.

Foto: Michael Kleinen

In vielen Farben und verschiedenen Größen werden jede Woche große Rollen mit Kunststoff-Schnüren angeliefert, produziert bei der Firma Adam Cremers GmbH in Geilenkirchen. Die Seile sind ein Spezialprodukt für elektrische und nichtelektrische Weidezaunanlagen. In den Werkstätten werden die Seile in verschiedenen Längen gekürzt, aufgewickelt und in Reparatur- und Montagesets für mobile Schafs- Ziegen- oder Rinderzäune verpackt. Über 50 Kilometer Seil werden so jede Woche von den 24 Mitarbeitern in der Gruppe B2 verarbeitet. „Wir arbeiten seit vielen Jahren für die Adam Cremers GmbH, die ihre hochwertigen Zaunprodukte auf dem Weltmarkt vertreiben“, erklärt Josef Otten, Betriebsstättenleiter Arbeit und Technik.

Damit die Verarbeitung der Seile einfacher und barrierearmer möglich ist, entwarf Vorrichtungsbauer Lothar Friebe einen halbautomatischen Handwickeltisch für sieben Arbeitsplätze. Lothar Friebe ist einer von drei Vorrichtungsbauern der Lebenshilfe Werkstätten, die zahlreiche Maschinen, Montagehilfen, Schrauberstationen, Eindrück-Vorrichtungen oder Wickelhilfen für eine barrierefreie Arbeitsplatzsystemgestaltung entwickelt haben. Der Handwickeltisch im Betrieb 2 ist jedoch mit Abstand der größte barrierefreie Arbeitsplatz, die in den Werkstätten entworfen wurde. Insgesamt drei Monate lang tüftelte der Elektrotechniker daran. Sowohl Gruppenleiterin Ira Habermann als auch Betriebsstättenleiter Josef Otten begleiteten die Entwicklung: „Wir wollen einerseits den Kundenerwartungen im Hinblick auf die Produktqualität gerecht werden, andererseits die Arbeitsabläufe für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sinnvoll erleichtern und optimieren. Alle unsere Ideen und Erwartungen sind so in die Entwicklung eingeflossen“, sagt Ira Habermann.

Sieben schwere Rohseil-Rollen mit jeweils bis zu 40 Kilogramm Gewicht können jetzt am neuen Handwickeltisch gleichzeitig verarbeitet werden. Dadurch können mehrere Produktionsaufträge gleichzeitig erledigt werden. Rund 6000 unterschiedliche Reparatursets werden mittlerweile pro Woche verpackt. An einem Arbeitsplatz kann zudem ein Mitarbeiter mit schwerer Behinderung per Joystick die Abwicklungssteuerung bedienen.

Der neue Handwickeltisch entspricht der Maschinenrichtlinie 2006/42 EU und hat eine CE-Kennung. Die Bedienungssicherheit ist für die Vorrichtungsbauer genauso wichtig wie eine wartungsarme Konstruktion. Manche Geräte und Arbeitshilfen sind bereits seit zwei Jahrzehnten im Einsatz. Einige hätten es durchaus verdient, mit einem Patent versehen zu werden. Jedoch sind die Konstruktionen häufig speziell auf die Anforderungen des Mitarbeiters mit Behinderung und dem jeweiligen Arbeitsauftrag zugeschnitten, da seien die Kosten für ein Patent zu hoch.

Wichtiger ist Lothar Friebe der Teilhabegedanke: „Wir entwickeln Maschinen für den Menschen. Dabei steht für uns nicht nur die Optimierung der Produktion im Vordergrund. Durch die Entwicklung barrierefreier Arbeitsplätze können vor allem Menschen mit schwerer Behinderung auch an komplexeren Arbeitsabläufen teilnehmen und so die Produktion effektiv unterstützen. Darin liegt für mich ein besonderer Ansporn.“

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