Abbruchkante in der ARD So viel Keyenberg steckte im Tatort

Erkelenz · Von der Umsiedlung Betroffene sind von der Umsetzung der schwierigen Thematik angetan. Der Film sei „atmosphärisch gut umgesetzt“.

Konrad Baumann (Jörn Hentschel) steht an der Abbruchkante in einer Szene aus dem jüngsten Tatort. Foto: dpa

Foto: dpa/Martin Valentin Menke

Viele der Themen und Tragödien, die im Tatort „Abbruchkante“ aus der rheinischen Braunkohleregion angeschnitten wurden, sind in Erkelenz bekannt: die Umsiedlung, die verlassenen Dörfer, der Erhalt von Orten, das selbstbestimmte Sterben durch Vereinsamung nach dem Verlust der Heimat, aber auch der Tod eines Aktivisten im Hambacher Forst oder das Auftreten eines Sicherheitsdienstes.

Es sind einige Szenen aus dem Erkelenzer Osten, die „Heimatgefühle“ aufkommen lassen bei dieser Geschichte aus dem alten und neuen Bützenich, das als fiktiver Ort eher an Köln und Düren angesiedelt ist. Der Winzenhof und seine Umgebung in Keyenberg, Haus Krummen in Holzweiler kommen immer wieder ins Bild, dort spielt sich gelegentlich die Handlung ab. Einmal sogar ist für einen kurzen Augenblick die ehemalige Metzgerei in Keyenberg zu erkennen.

Norbert Winzen berichtet, der Drehbuchautor habe ihn vor zwei Jahren sehr lange befragt. „Und er hat extrem viele kleine Schnipsel eingebaut, wovon ich erzählt hatte.“ Vor allem die Szenen mit dem Werksschutz, das Verhalten der Pfarrei, das Verscherbeln des Kircheninventars seien „alles nah an der Realität.“ Er fand den Krimi „atmosphärisch gut umgesetzt“ mit den klinisch sauberen Neudörfern und den knorrigen, verlassenen Altdörfern. „Ob aber Leute aus Berlin, München oder selbst Düsseldorf verstehen, wie das mit Alt und Neu und Umsiedlung ist, weiß ich nicht.“

Dennoch ist Winzen von „Abbruchkante“ angetan: „Für Insider sehr gut.“ Da passen dann die gelben Kreuze mit den Ortsnamen von Keyenberg, Unterwestrich oder Lützerath ins Bild. Aber diese haben mit Bützenich, im Film „ein leeres Dorf mit kaputter Infrastruktur“, nur einiges gemein. Lützerath ist Vergangenheit, die fünf Orte im Erkelenzer Osten stehen vor einer ungewissen Zukunft.

Vom „gigantischen Klimakillerloch“ ist die Rede, vom gesundheitsschädigenden Feinstaub, der nach Köln wehe, aber dort auch nicht sonderlich interessiere. Damit ist die Umweltproblematik abgehakt.  Für Oliver Kanneberg, der mit RWE schon seit Jahren im Clinch liegt wegen des Rückkaufs seines ehemaligen Hauses in Kuckum, ist „Abbruchkante“ ein „ganz starker Tatort“. Da hätten sich die Redakteure „mal richtig in unser Thema eingearbeitet“, sagt er: „Starke Bilder, besonders vom Auenland-Neubaugebiet.“ Auch „der Konzern“, wie es immer im Film heißt, sei genauso dargestellt worden, wie es bei RWE sei: „Zerstören und zerreißen.“

Schlussendlich sind es auch im Film die Menschen, die zerstört und zerrissen sind, nachdem ihre Heimat wegen der Braunkohle zerstört und ihre Dorfgemeinschaften wegen der Umsiedlung zerrissen wurden.

(kl)