Erkelenz Kommunen wehren sich

Erkelenz · Der Vorgang ist bislang einzigartig: 51 Städte und Gemeinden aus dem Großraum Aachen zeigten in Düren Schulterschluss. Eine Resolution an Bund und Land verdeutlicht die dramatische Finanzkrise der Kommunen.

Auf der Leinwand prangten fünf Wappen als Zeichen der Geschlossenheit. Die Chefs von 51 Gemeinden, den Kreisen Aachen (Städteregion), Düren, Euskirchen und Heinsberg berieten in Düren über eine gemeinsame Strategie gegen die allgemeine wirtschaftliche Misere. Heraus kam eine Resolution zur Finanzsituation der Kommunen, die für die Bundesrepublik bislang einzigartig ist. "Es reicht!", lautet die entschiedene Überschrift der Präambel.

Pusch: keine "heiligen Kühe"

"Mit der Resolution wird es in Berlin keinen Paradigmenwechsel geben", unterstrich Landrat Stephan Pusch für den Kreis Heinsberg, "aber wir üben hier den Schulterschluss und die parteiübergreifende Zusammenarbeit. Damit können wir an Glaubwürdigkeit gewinnen. Alle heiligen Kühe müssen auf den Prüfstand." Bürgermeister Peter Jansen aus Erkelenz betonte: "Bund und Länder müssen erkennen, dass wir es ernst meinen."

Die von allen unterschriebene Resolution soll "standesgemäß" im betagten Doppeldeckerbus von den Kommunalpolitikern im Bundeskanzleramt überreicht werden. Daneben werden auch die Fraktionsvorsitzenden der regierenden Parteien informiert. "Wir sind bereit, engagiert unseren Beitrag zu leisten — nun sind auch Bund und Land in der Pflicht", lautet der Schlusssatz.

"Hier sind keine unrealistischen Forderungen erhoben worden," stellte der gastgebende Landrat Wolfgang Spelthahn mit Blick auf die Resolution klar. "Aber der Bund hat Pflichten übernommen, den Kommunen jedoch die Kosten dafür aufgebürdet." Im Sitzungssaal des Dürener Kreishauses herrschte große Einmütigkeit.

Der Aachener Oberbürgermeister Marcel Philipp betonte: "Armut wird kommunalisiert. Die sozialen Standards in Deutschland belasten nur die Kommunen." Für die Kreise verdeutlichte der Euskirchener Landrat Günter Rosenke die Lage. In seinem Kreis der elf Kommunen unterlägen schon vier Gemeinden dem Haushaltssicherungskonzept. Tendenz steigend. Rosenke bezifferte die Steigerung der Sozialausgaben auf 53 Prozent. Sparen helfe da bei weitem nicht. Der Landrat forderte mehr Ermessensspielräume für die Kommunen.

Kurt Voigtsberger, Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland, machte am Beispiel der Wiedereingliederungskosten deutlich, dass zwölf Milliarden Euro von den Kommunen gestemmt werden müssten, wobei jedes Jahr 1000 neue Bedürftige dazu kämen. "Der Bund und die Länder setzen die Standards für Behinderte fest, der Landschaftsverband und die Kommunen müssen sie bezahlen."

Rücklagen aufgezehrt

"Alle Kreise zehren derzeit ihre Rücklagen auf," unterstrich Christian von Kraack im Namen der kommunalen Spitzenverbände. "Im Jahr 2013 ist bei allen damit Schluss". Die Steigerung der Sozialausgaben um 60 bis 70 Prozent sei nicht zu bewältigen. "Wenn wir noch sozial sein wollen, müssen wir überschießende Leistungen abbauen." Der Referent war sich der politischen Brisanz seiner Aussagen wohl bewusst, denn seine Forderung lautete: "Man muss über alles sprechen dürfen."

(RP)
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