Jugendzentrum Cirkel in Gerderath „Die Kinder haben im Lockdown viel verlernt“

Erkelenz · Seit das Jugendzentrum Cirkel wieder geöffnet ist, hat Leiterin Mona Bobrow große Defizite bei einigen Kindern festgestellt – und dank Landesfördermitteln fünf neue Projekte angeschoben.

 Tanzlehrerin Johanna Kück aus Golkrath (schwarz gekleidet) leitet das wöchentliche Training der Mädchen im Keller der evangelischen Jugendeinrichtung Cirkel. 
  Foto: Daniela Giess

Tanzlehrerin Johanna Kück aus Golkrath (schwarz gekleidet) leitet das wöchentliche Training der Mädchen im Keller der evangelischen Jugendeinrichtung Cirkel. Foto: Daniela Giess

Foto: Daniela Giess

Die Mädchen und Jungen entschädigen für die entbehrungsreiche Zeit während des langen Lockdowns: „Aufholen nach Corona“ – unter diesem bezeichnenden Motto wurden jetzt Förderanträge an das Erkelenzer Jugendamt gestellt. Das Land bewilligte sie für ganz besondere Freizeitangebote. Auch im kommenden Jahr können diese Mittel wahrscheinlich wieder abgerufen werden. Mona Bobrow, die langjährige Leiterin der evangelischen Jugendeinrichtung Cirkel in Gerderath, ist froh über das zusätzliche Geld, das zunächst bis zum Ende des Jahres fünf unterschiedliche Projekte möglich macht.

„Bei uns wurde ganz besonders der Wunsch nach Zuwendung und gemeinsamen Erlebnissen in der Gruppe in den Fokus genommen“, berichtet sie. Parallel zum bestehenden Angebot des offenen Jugendtreffs finden nun an fünf Tagen in der Woche immer in der Zeit von 16 bis 19 Uhr spezielle Aktionen statt, die ganz nach dem Geschmack der Kinder und Teenager sind. Kochen und Backen mit der gelernten Fleischereifachverkäuferin Tamara Peschen findet montags statt. Zurzeit stehen Weckmänner bei den jungen Projektteilnehmern hoch im Kurs, die gemeinsam Teig kneten, Quark-Dips herstellen und die zubereiteten Speisen anschließend in geselliger Runde verzehren.

Tanztrainerin Johanna Kück aus Golkrath studiert jeden Dienstag im geräumigen Keller der Gerderather Freizeiteinrichtung mit interessierten Nachwuchstänzerinnen eine kleine Aufführung ein. Hip-Hop, ein Gardetanz, ein Regenschirmtanz und eine Halloween-Performance standen dabei unter anderem schon auf dem Programm. Zu gemütlichen Lagerfeuer-Gesprächen kommen die jungen Cirkel-Besucher donnerstags regelmäßig zusammen. Im Innenhof wird dann Stockbrot an der großen Feuerschale gebacken. Der Freitag ist immer Kreativ-Tag, sonntags ist sportliche Betätigung angesagt, um fit zu bleiben.

Als die evangelische Einrichtung für Kinder und Jugendliche nach zahlreichen Einschränkungen bis hin zur Einzelbetreuung für ein einziges Kind endlich wieder regulär öffnen durfte, stellte Mona Bobrow schnell einige gravierende Veränderungen nach dem Corona-Lockdown bei den betroffenen Mädchen und Jungen fest. Und beschloss: „Da muss was passieren, die Kinder haben viel verlernt.“ Etwa, in einer Gruppe mit Gleichaltrigen umzugehen, Vertrauen in die bekannten Betreuer habe plötzlich gefehlt. „Selbst die Offenheit, verschiedene Speisen und Gerichte auszuprobieren, war nicht mehr vorhanden“, sagt Bobrow.

Statt dessen seien die Heranwachsenden immer wieder in das Muster verfallen, auf sich allein gestellt Lösungsansätze zu erarbeiten. Computerspiele statt gemeinsamer Beschäftigung, Alleingänge statt Gruppenarbeit. „Sie hatten zu Hause auch verlernt, analoge Angebote anzugehen.“

Das soll sich mit Hilfe der Projektarbeit nun wieder ändern. Johanna Kücks Tanzgruppe ist wegen der starken Nachfrage inzwischen in zwei Gruppen aufgeteilt worden. „Unsere Besucher sollen merken, dass auch wieder Menschen außerhalb der eigenen Familie für sie da sind“, betont die Leiterin der Einrichtung. Und weiter: „Unser Betreuerteam ist mit ganz viel Herz und tollen Ideen für die Kinder und Jugendlichen da.“ Jede Woche können sich die kleinen Cirkel-Gäste für ein neues Angebot entscheiden, da es sich nicht um Kurse, sondern wechselnde Tagesangebote handelt.

Unterwegs waren die Mädchen und Jungen auch. Sie besuchten das Hochwildfreigehege in Gangelt, trafen sich zum Bowling und lösten Rätsel im Düsseldorfer Escape-Room. Ein ausgedehntes Raclette-Buffet für ein Dutzend Teilnehmer gehörte zu den kulinarischen Höhepunkten der fünf Projekte, die Leiterin Mona Bobrow „Big Five“ nennt. Die Sechs- bis 51-Jährigen würden allmählich wieder Vertrauen in ihre Betreuer entwickeln und seien dabei, sich wieder in die Gruppenarbeit einzufinden. „Wir hoffen sehr, auch 2022 wieder diese Förderung des Landes NRW zu bekommen“, erklärt Mona Bobrow.

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