Erkelenzer Land Jugend fordert Kirche heraus
Erkelenzer Land · Die Pfarrgemeinden und kirchlichen Verbände müssen umdenken bei ihrer Jugendarbeit. Das sagte Theologe Hans Hobelsberger bei der Vorstellung der Sinus-Jugendstudie. Er warnte aber auch vor radikalen Veränderungen.
Einige unangenehme Antworten auf die Frage, wie Jugendliche "ticken", hatte jetzt Dr. Hans Hobelsberger für die Mitglieder katholischer Pfarrgemeinderäte, Kirchenvorstände, kirchlicher Gruppen, Verbände und Initiativen der Regionen Heinsberg und Mönchengladbach im Gepäck.
Er informierte sie im Jugendzentrum "De Schuer" über die Sinus-Milieustudie U27. Die vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend und dem Hilfswerk Misereor in Auftrag gegebene Studie gibt Einblicke in die Lebensstile junger Menschen, ihre Wertvorstellungen, Zukunftsentwürfe, Einstellungen zu Gemeinschaft und Engagement. Und sie zeigt ihre Haltung gegenüber Religion und Kirche.
Nicht radikal umstrukturieren
Den Verantwortlichen in der Region machte Hobelsberger klar: Bei der Jugendarbeit müssen sie umdenken. "Sie müssen sich von der Vorstellung verabschieden, dass Sie jemanden erreichen können", sagte der Theologe, der Mitglied im Beirat der Sinus-Jugendstudie ist. Das Leben sei für junge Menschen wie ein Supermarkt, in dem sie sich von dem nehmen, was ihnen gefalle.
"Die Jugendlichen greifen auf Sie zu, wenn sie etwas Interessantes finden, nicht umgekehrt", betonte Hobelsberger. Die internen Strukturen der Kirchen seien für die meisten nicht sonderlich attraktiv. Weder aus der Sicht von innen noch von außen. Seien etwa Jugendliche beim Treffen des Pfarrgemeinderats zugegen, tage der oftmals so, als seien sie nicht da.
Die Jugend bekomme nicht den Eindruck als könne sie etwas verändern, sagte Hobelsberger. In der Sicht von außen erscheine Kirche vielen jungen Menschen als langweilig. Hobelsberger nennt es "ästhetisch inkompatibel", wenn Kirchenlieder und Ausdrucksformen nicht den Nerv der Jugend treffen. Zentrale Fragen der Jugendlichen sind: Stehe ich mit Kirche gut da? Kommt das bei den anderen gut an? Selten laute die Antwort ja.
Gleichzeitig mahnte Hobelsberger: Wer jetzt die internen Strukturen von Verbänden und Kirche radikal ändern wolle, stoße die Etablierten, die sich in diesen Strukturen wohl fühlen, vor den Kopf und sorge für Probleme. Die Kirche müsse deshalb an neue Orte gehen und sich den Lebenswelten der Jugend nähern, um von ihr wahrgenommen zu werden. Da heiße es experimentieren, sagte Hobelsberger. Er selbst betreue derzeit vier Pilotprojekte.
Die Sinus-Milieustudie U27 untersuchte die unterschiedlichen Lebensstile und ästhetischen Vorlieben katholischer Jugendlicher, die prägend für ihre Lebenswelten sind. Dazu wurden Mädchen und Jungen zu gleichen Teilen in Interviews befragt. Sieben verschiedene Milieus konnten die Forscher auf diese Art ausmachen. Die Spaß suchenden Jugendlichen stellten sich dabei mit 26 Prozent als führend heraus.