Jugend debattiert am Berufskolleg Erkelenz Sollen Busse und Bahnen kostenlos sein?

Erkelenz · Das Thema, über das die Teilnehmer bei „Jugend debattiert“ im Berufskolleg Erkelenz sachlich und argumentativ stritten, hatte es in sich. Zwei Wochen hatten sie Zeit, um sich auf die Debatte vorzubereiten.

 Daniel-Leon Müller (v.l.) und Danielle Mathar vertraten die PRO-Seite, Ann-Sophie Höfels und Andreas Peschen die gegenteilige Meinung.

Daniel-Leon Müller (v.l.) und Danielle Mathar vertraten die PRO-Seite, Ann-Sophie Höfels und Andreas Peschen die gegenteilige Meinung.

Foto: Ruth Klapproth

Sie sollten eine Antwort auf die Streitfrage: „Sollte der ÖPNV flächendeckend und für alle Menschen in der BRD kostenlos sein?“ finden. Zwei Wochen hatten die interessierten Schüler Zeit, sich im Unterricht und in der Freizeit auf das Thema vorzubereiten, ehe es am Dienstag zur Debatte kam. Die knifflige Ausgangssituation dabei: Niemand wusste, ob er im Wettbewerb die befürwortende oder die ablehnende Position einnehmen würde. Insofern kam es auch nicht darauf an, ob eine Position richtig oder falsch war. Es solle, wie der Organisator Sascha Steiner meinte, darauf ankommen, mit Argumenten zu überzeugen und sich im sachlichen Streitgespräch mit den Positionen der anderen Diskutanten auseinanderzusetzen.

Bereits seit einem guten Dutzend Jahren beteiligt sich das Berufskolleg an dem Wettbewerb, der von den Kultusministern, der Kultusministerkonferenz und den Parlamenten der Bundesländer unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten mit Hilfe von Sponsoren getragen wird. „Jugend debattiert“ ist das größte privat-öffentlich finanzierte Projekt zur sprachlichen und politischen Bildung in Deutschland, in NRW nehmen in diesem Jahr 229 Schulen an den Wettbewerb teil.

„Es geht darum, ein vorgegebenes Thema kritisch zu hinterfragen und faktenbasiert zu durchleuchten“, erklärte Steiner, ehe er nach der Vorrunde die vier Finalisten bekannt gab. Es war eine knappe Angelegenheit, meinte er, die Punktabstände zwischen den einzelnen Teilnehmern seien sehr gering gewesen. Ann-Sophie Höfels, Danielle Mathar, David-Leon Müller und Andreas Peschen war es schließlich vorbehalten, vor einer kritischen Lehrerjury, den Augen ihrer Mitschüler sowie in Anwesenheit von Schulleiter Jan Pfülb und Schirmherr Bürgermeister Manfred Winkens aus Wassenberg in der Endrunde die Argumente für und gegen auszutauschen.

Ein Bus ersetze 50 Autos, hieß es etwa, oder: Der Aufbau eines flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sei finanziell nicht machbar. Gerade für Rentner und Kinder sei ein kostenloser ÖPNV wichtig, aber es gebe da auch die hinderliche Bequemlichkeit, vom eigenen Auto auf einen Bus umzusteigen. Die Jury hatte jedenfalls nach der Diskussionsrunde viel zu tun, um die Leistungen der vier Finalisten abzuwägen.

Ann-Sophie Höfels hatte sich bereits zum zweiten Mal für das Finale am Berufskolleg qualifiziert. „Ich möchte lernen zu argumentieren“, sagte sie zu ihrer Motivation. Daniella Mathar reizte es, die anderen von ihren Argumenten zu überzeugen. Auch David-Leon Müller hatte Spaß daran, mit anderen zu diskutieren, und Andreas Peschen glaubte, dass sich die zweiwöchige intensive Vorbereitung auf das Thema gelohnt habe.

Die Siegerehrung nahmen Schulleiter Jan Pfülb und der Schirmherr vor. Pfülb zollte allen teilnehmenden Schülern seinen Respekt dazu, sich in der Öffentlichkeit der Diskussion zu stellen. Winkens meinte, das Thema sei nicht leicht umzusetzen gewesen. Doch hätten sich die Finalisten viel Mühe gegeben.

Er bot den beiden Vertreten bei der Regionalqualifikation eine Betreuung an, um ihre Argumentationsfähigkeit noch zu stärken. „Solche Diskussionen um den ÖPNV gibt es schon seit Jahren im Kreis Heinsberg. Der ÖPNV kostet die Kommunen im Kreis jährlich acht Millionen Euro.“ Viele wüssten viel und hätten gute Argumente, könnten sich aber nicht ausdrücken. Andere hingegen hätten nichts zu sagen, reden aber so lange, bis jeder glaubt, sie hätten recht.

Auf solche Phrasendrescher nicht hereinzufallen, davor könne ein Wettbewerb wie „Jugend debattiert“ schützen. Jeder solle im fairen Austausch der Meinungen eine Mehrheit für seine Position finden. Niemand solle sich von Unwahrheiten und Phrasen beeinflussen lassen, hatte Sascha Steiner einleitend gesagt; und die Schüler nahmen sich die Worte des Organisators zu Herzen: Zu einer kritischen Frage wie dieser gab es handfeste Argumente – und die Erkenntnis, dass jede Sache zwei Seiten hat.

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