Jürgen Becker in Erkelenz Heute schon über morgen lachen

Erkelenz · Kabarettist Jürgen Becker erklärt die Welt, wie sie ihm missfällt. Zuwider sind ihm die Auswüchse des kapitalistischen Systems. Sein Publikum in der Erkelenzer Stadthalle weiß er zu überzeugen.

 Mit seinem neuen Programm „Die Ursache liegt in der Zukunft“ gastierte Kabarettist Jürgen Becker in der Stadthalle Erkelenz.

Mit seinem neuen Programm „Die Ursache liegt in der Zukunft“ gastierte Kabarettist Jürgen Becker in der Stadthalle Erkelenz.

Foto: Ruth Klapproth

Jürgen Becker bot mit seinem Auftritt in der Erkelenzer Stadthalle eine gute Alternative zum Frauenduo Suchtpotenzial, das ursprünglich auftreten sollte, aber wergen einer Babypause absagen musste. „Wir hatten Glück, dass Jürgen Becker an diesem Termin noch Zeit hatte“, sagte Claudia Jansen von der veranstaltenden Kultur GmbH. Sie hatte im Foyer alle Hände voll zu tun, um die vielen Besucher  zu betreuen.

Jürgen Becker überzeugte mit seinem Programm „Die Ursache liegt in der Zukunft“ im ausverkauften Saal. Der langjährige Präsident der legendären Kölner Stunksitzung und frühere Moderator der WDR-Mitternachtsspitzen erklärte spitzzüngig die Welt, wie sie ihm missfällt.  Ob die Welt allerdings zukünftig eine andere oder besser sein wird? „Wir Menschen haben gar nichts gegen die Zukunft. Die Ungewissheit würde uns gar nichts ausmachen, wenn wir nur wüssten, dass es gut ausgeht“, so kündigt Becker sein Programm an. Der Kabarettist kritisiert und moniert, belehrt und doziert, lästert und schimpft, etwa über den Krieg in der Ukraine und die ständige Präsenz des Kriegstreibers Putin. „Da wünschen wir uns doch lieber abends im Fernsehen Lothar Wieler und Karl Lauterbach mitsamt der Corona-Pandemie als kleineres Übel wieder“. 

Er macht sich lustig über die permanente Angst und Vorsicht der Deutschen: „Es gibt kein anderes Volk auf der Welt, bei dem es mehr Versicherungen als Menschen gibt“. Und er kommt zu der Erkenntnis, dass Jesus wegen der Wiederkehr auf die Erde ein Deutscher gewesen sein muss. „Er hatte bestimmt eine Reiserücktrittsversicherung.“ Kein gutes Haar lässt er am deutschen Gesundheitswesen und der Einführung der Fallpauschale.  Nach der Privatisierung vieler Krankenhäuser stünden die Rendite und die Gewinnmaximierung an vorderster Stelle und sei der Patient nur noch ein Rechnungsposten. Inzwischen gebe es nach Operationen schon die „englische Entlassung“ aus einer Klinik, weil die Betten schnell mit neuen Fällen belegt werden sollen: „Der Operierte blutet noch.“

Die Auswüchse das kapitalistischen Systems sind ihm zuwider. Profit auf Kosten anderer, nein danke. Das gilt im Gesundheitswesen ebenso wie in der Wirtschaft. „Früher gab es Lehrer und Handwerker. Jetzt werden diejenigen, die nichts schaffen, Berater bei Black Rock und ziehen ins Sauerland.“ Immer wieder widmet sich Becker in seinen ätzenden Lästereien seinem Heimatort Köln, wie etwa bei seiner Klage über nicht mehr bezahlbaren Wohnraum. „Jetzt gibt es nur noch drei öffentliche Gebäude bei uns, unter denen es sich kostengünstig leben lässt: die Hohenzollernbrücke, die Severinsbrücke und die Deutzer Brücke.“

Rund 90 Minuten fordert Becker von seinem Publikum höchste Konzentration, wenn er es mit Daten und Fakten überhäuf.  Er betont, dass auch er keine verlässlichen Antworten auf die Probleme der Welt weiß. Doch er sieht den Hoffnungsschimmer: „Die Zukunft wird schöner, wenn wir schon heute darüber lachen.“ Mit seinem Auftritt endete das aktuelle Kabarett-Abonnement der Kultur GmbH. Im Herbst soll es mit einer neuen Serie fortgesetzt werden.

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