Hörtheather Von Schwindeleien und Schneemännern
LÖVENICH · Das Hörtheater „Drei Männer im Schnee“ nach dem Roman von Erich Kästner begeisterte in der Erkelenzer Raiffeisenbank.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kultur in der Bank“ präsentierte die Raiffeisenbank Erkelenz im Tagungssaal ihrer Hauptfiliale in Lövenich den fünften und letzten kulturellen Leckerbissen dieses Jahres. Mit der Uraufführung des Hörtheaters „Drei Männer im Schnee“ frei nach Erich Kästner begeisterten acht Akteure der Region das Publikum.
Geheimrat Tobler (Kurt Lehmkuhl), Millionär und Chef der renommierten Putzblank-Werke, möchte einmal das Leben der ganz normalen Menschen kennenlernen und nimmt unter dem Pseudonym Schulze an einem Preisausschreiben seiner eigenen Firma teil. Hausdame Kunkel (Andrea Rings), sein persönlicher Diener Johann Kesselhut (Helmut Wichlatz) und seine Tochter Hilde (Carolin Gerhards) wissen noch nicht so recht, was sie von der Sache halten sollen – begeistert sind sie jedoch nicht. Zusammen mit dem arbeitslosen Hauptgewinner Dr. Fritz Hagedorn (René Wagner) macht sich Tobler, inkognito als armer Eduard Schulze, nun auf in den gewonnenen Skiurlaub in den Alpen.
Die dortige Hoteldirektion sowie der Portier Polter (Hans Krupp) und die profitliche Frau Casparius (Ulrike Horn) wurden bereits von der bevorstehenden Ankunft eines Millionärs informiert. Sie halten jedoch irrtümlicherweise Hagedorn für den reichen Mann – es folgt ein findiges und heiteres Verwechslungsspiel, infolgedessen Schulze aufgrund seiner scheinbaren Armut unmöglich behandelt wird und Hagedorn sich über Masseure und siamesische Katzen auf seinem Zimmer wundern muss. Neue Freundschaften, Heiratsambitionen und ein Schneemann namens Kasimir mit drei Vätern sind herzlich-humorvolle „Nebenprodukte“ auf dem Weg zur schlussendlichen Aufdeckung der Illusion.
Beim Hörtheater prallen zwei scheinbar unvereinbare Darstellungsformen aufeinander. Das Konzept ist für die Sprecher selbst noch recht neu: „Wir lernen mit jeder Probe dazu“, bemerkt Kurt Lehmkuhl. Auf der Bühne wirkt alles recht statisch – die Akteure bleiben meist an ihrem Platz, die Handlung sowie die dazugehörigen Emotionen werden allein von Sprache, Mimik und Gestik getragen, Requisiten kommen nur minimalistisch zum Einsatz. „Hier steht vor allem das Kopfkino im Mittelpunkt“, führt Lehmkuhl weiter aus. Und tatsächlich reichen Erfahrung und hervorragendes Spiel der Schauspieler aus, um vor dem inneren Auge lebhafte Szenerien entstehen zu lassen. Besonders einnehmend war die lockere Atmosphäre und die ungezwungene Art, die das Team um Wichlatz und Lehmkuhl zu vermitteln wusste. Unvorhersehbares wurde imminent in das Stück miteinbezogen, und der Spaß, den die Sprecher selbst auf der Bühne hatten, gestaltete sich als der Funke, der schnell auf das Publikum übersprang.
Die Entstehung des Hörtheaters ist den Ideen der Schriftsteller und Journalisten Helmut Wichlatz und Kurt Lehmkuhl zu verdanken. Im Rahmen des LEA (Lesen Einmal Anders) Leseklubs liest Wichlatz bei der Lebenshilfe im Kreis Heinsberg Literatur für behinderte Menschen in einfacher Sprache vor. Schon viele Klassiker der Weltliteratur sind als für jedermann verständliche Version, so genannte „Easy Readers“, aufgearbeitet worden. Eine vom Hörbuchpreis inspirierte Idee von Lehmkuhl und Hörbuchsprecher René Wagner traf auf den Vorschlag von Wichlatz, die einfache Version von „Romeo und Julia“ durch verschiedene Akteure lesen zu lassen – das inklusive Hörtheater war geboren. Die Idee zu Kästners Verwechslungskomödie stammt ebenfalls von Wichlatz und basiert auch auf einer Fassung in einfacher Sprache. Lehmkuhl schrieb die Handlung in wörtliche Rede um, in den Proben wurde im Kollektiv an den Feinheiten gefeilt. Nun, ein Jahr und viele Proben später, glänzte das achtköpfige Team mit der Premiere. Auch „Romeo und Julia“ begeistert weiterhin: In den Einrichtungen der Lebenshilfe und bald auch wieder in Erkelenzer Grundschulen.