Hörabend in Erkelenz Mit den Ohren um die Welt

Erkelenz · Mit seinem Hörabend-Programm „In 80 Minuten um die Welt“ gastierte Musikredakteur Wolfram Goertz im Alten Rathaus und unternahm mit den Zuhörern eine akustische Weltreise. Verschiedene Musikepochen und Musikgenres wurden verknüpft mit einer Rahmenerzählung, die witzig und zuweilen auch rührend anmutete.

 Wolfram Goertz, Kulturredakteur und Musikexperte dieser Zeitung, war zu Gast beim Heimatverein im Alten Rathaus in Erkelenz.

Wolfram Goertz, Kulturredakteur und Musikexperte dieser Zeitung, war zu Gast beim Heimatverein im Alten Rathaus in Erkelenz.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Ein frisch verheiratetes Paar verbringt die Flitterwochen in Venedig – vom Reisefieber gepackt, beschließen die beiden spontan, von dort aus eine Weltreise zu machen und werden dabei von ihrer großen Musiksammlung begleitet, die die Eigenarten und Atmosphären der verschiedenen Stationen auf ihrer Reise absolut treffend einzufangen vermag. Dieses Szenario stellte den Rahmen für „In 80 Minuten um die Welt“, den neuen Hörabend von und mit Wolfram Goertz, Kultur- und Musikredakteur der Rheinischen Post in Düsseldorf. Die insgesamt zwölfte und bisher sechste in Erkelenz stattfindende Auflage seines „Betreuten Hörens“ begeisterte das Publikum im Alten Rathaus und entführte die Gäste mit 14 Liedern unter anderem nach Asien, Südamerika und Skandinavien.

Die musikalische Weltreise über fast alle Kontinente und durch die unterschiedlichsten Musikgenres und -epochen begann mit einem Komponisten, an dem in der italienischen Lagunenstadt niemand vorbeikommt: Antonio Vivaldi und dem ersten Satz seines „Violinkonzert E-Dur“, gespielt vom Concerto Köln und Midori Seiler. Das Stück ist der Geigenvirtuosin Anna Maria gewidmet, die er unter seine Fittiche genommen hatte. „Vivaldi hat hier mehr als nur komponiert, er hat sein Herzblut hineingesteckt – es ist das Werk eines Mannes, der nicht nur die Geige, sondern auch die Geigerin liebt“, offenbarte Goertz und verriet auch, dass schon lange über die mögliche Natur der Liebe zwischen Vivaldi und der Geigerin spekuliert würde.

Begleitet von Karel Gott und einem „Ausritt in die finnische Urnatur“ mit Jean Sibelius ging es über Prag und Helsinki nach Peking. Debussys Stück „Pagoden“ repräsentierte den Halt in Jakarta, Nena sang über die japanische Hauptstadt, und die Beach Boys sorgten mit „Good Vibrations“ für Urlaubsstimmung im Alten Rathaus. Argentinischer Tango gesellte sich zu einem Choral aus der Feder von Felix Mendelssohn-Bartholdy, gefolgt von den Black Fööss und Chet Baker, der die Casablanca-Hymne „As Time goes by“ sang und spielte. Den denkbar gelungensten Abschluss fand der Hörabend mit dem Rückflug des Paares und dem Gefühl, direkt ins nächste Flugzeug steigen zu wollen, um dem Fernweh zu frönen – perfekt in Worte gefasst durch Reinhard Meys „Über den Wolken“.

Die Hörabende im Alten Rathaus sind über Jahre zur Tradition geworden, ihr besonderer Charme ist aber nicht allein auf das immer passend gewählte und abwechslungsreiche musikalische Potpourri zurückzuführen, in dessen Genuss das Publikum kommt. Vielmehr ist es Wolfram Goertz selbst, der seine Rahmenerzählung gewitzt und rührend zum Besten gibt, ohne dabei je kitschig zu sein, und die Zuhörer mit seinen eigenen Erfahrungen sowie allerlei wissenswerten oder skurrilen Informationen zu den Liedern, den Komponisten oder den besuchten Ländern versorgt – so wurde ein lehrreicher Ausflug in die Musiktheorie der indonesischen Kompositionsart gefolgt von Tipps, wo in Finnland am besten Tango getanzt werden kann.

Die Idee zum aktuellen Programm begann mit Vivaldi, die Idee der unerkannten Liebe zwischen ihm und seinem Schützling habe ihn fasziniert, sagte Goertz. Von diesem Punkt aus machte er sich daran, eine geeignete Flugverbindung zu erstellen und für jeden Ort das passende Lied zu finden. Wie immer übernahm der Heimatverein als Veranstalter die Regiekosten, so flossen die Einnahmen wie zuvor vollständig in die Förderung der Interdisziplinären Ambulanz für Musikermedizin am Universitätsklinikum in Düsseldorf, die sich ausschließlich um erkrankte Musiker kümmert. Wolfram Goertz, der sowohl Musik als auch Medizin studierte, leitet eben diese und bedankte sich nach dem begeisterten Schlussapplaus für die fortwährende Unterstützung.

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