Erkelenz „Hilferufe nicht gehört“

Erkelenz · / HÜCKELHOVEN (DG) Pflichtverteidiger Dr. Gerhard Zipfel glaubt, dass bei Manuel P., dem mutmaßlichen Friedhofsmörder von Schaufenberg, in der Vergangenheit viel schief gelaufen ist. „Der Junge ist kein Opfer unserer Gesellschaft, aber die Gesellschaft hat eine Menge dazu beigetragen“, sagt der Erkelenzer Fachanwalt für Strafrecht.

„Seine Hilferufe wurden nicht gehört“, sagt Zipfel. Aus den verschiedenen Heimen sei er immer wieder abgehauen, „weil er zu seinem Bruder und zu seiner kleinen Schwester wollte“, erzählt der Anwalt.

Die Eltern, inzwischen geschieden, hätten wegen der drei Kinder einen regelrechten Krieg geführt. „Er hat darunter gelitten, dass er keine Familie hatte.“ Spielball von Mutter und Vater zu sein, daran habe Manuel P. mächtig zu knabbern gehabt. Das „Gezerre um die Kinder“ habe regelrecht Aggressionen in dem Jungen ausgelöst. Eine Ersatz-Familie fand er, als er zusammen mit dem ein Jahr jüngeren Bruder Christian und den beiden Freundinnen in die Millicher Wohnung des Vaters eingebrochen und dort tagelang gehaust habe. Dort träumte das Quartett den Traum von einem freien Leben im sonnigen Spanien, auch Marokko war mal im Gespräch. Mit der Gruppendynamik erklärt der Anwalt die Tat.

Sein Vater besucht ihn regelmäßig in der Untersuchungshaft. In 53 Briefen bettelte der 16-Jährige um die Aufmerksamkeit seiner Mutter, zu der es laut Zipfel nun auch wieder Kontakt gibt. „Anfangs war er geknickt und depressiv, jetzt hat er sich gut eingelebt.“

(RP)
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