Heinsberg Heinz Rudolf Kunzes unbekannte Seite

Heinsberg · Der bekannte Liedermacher Heinz Rudolf Kunze stellte in Heinsberg sein Buch "Saldo Mortale" vor. Darin nimmt er gesellschaftliche Entwicklungen kritisch aufs Korn. Es war Kunzes erster Auftritt nach der Buchpremiere in Berlin.

Schwarze Lederjacke, darunter ein schwarzes Shirt. Fast unbemerkt betritt er den Altarraum der gut gefüllten evangelischen Christuskirche, während Gitarrist Wolfgang Stute, der auch sein Manager ist, die letzten Akkorde seines Intros erklingen lässt. Der unauffällige Mann ganz in Schwarz ist Heinz Rudolf Kunze.

Satirische Wortspiele

Mit "Dein ist mein ganzes Herz" landete er Anfang der achtziger Jahre seinen größten Hit. Die Charts hat er danach nicht mehr gestürmt, doch es ist auch nie so richtig still geworden um den eigenwilligen Rock-Poeten, der immer sagt, was er denkt. Der unbequem sein will, um die Menschen wachzurütteln. Der 53-Jährige ist der Einladung des Heinsberger Buchhändlers Reiner Gollenstede gefolgt, um aus seinem jüngsten Werk mit dem bezeichnenden Titel "Saldo Mortale" vorzulesen. Sein Markenzeichen, die schwarze Brille, tauscht er schnell gegen eine Lesebrille aus. Nimmt dann an einem kleinen Tisch mit Leselampe vorn am Altar Platz, hinter sich sechs weiße Kerzen und ein großes Holzkreuz an der Wand.

Heinz Rudolf Kunze liebt Wortspiele. Mokiert sich über das "Gelafer und Gelichter" in TV-Kochshows, greift Politiker an, rechnet ab mit Fernsehkonsum und der veränderten Gesellschaft. Seine Texte handeln vom Aneinander-vorbei-Reden, vom dekadenten Lebensstil, von Gunter, dem Pensionär Mitte 60, der sich mit seiner "Russi-Pussi" Swetlana aus St. Petersburg vergnügt und ihr dabei seine Kreditkarten in Aussicht stellt. Rund zwei Stunden lang unterhält der aus Osnabrück stammende Künstler sein Publikum in der Kreisstadt.

Heinsberg ist nach der Buch-Premiere in der Berliner Kulturbrauerei im Szenebezirk Prenzlauer Berg erst die zweite Station seiner Lese-Reise. Veranstalter Reiner Gollenstede ist stolz darauf, dass Kunze "Saldo Mortale" in Heinsberg präsentiert. "Das hier ist ein besonderer Abend", sagt er bei der kurzen Begrüßung mit dem Mikrofon in der Hand. Und: "Kunzes Texte geißeln die politische Landschaft in Deutschland. Sie sind witzig, respektlos, klug und stimmen nachdenklich."

Und Kunze? "Guten Abend, meine Lieben", sagt der mit schelmischem Grinsen. Zurzeit tourt der Rock-Barde, der Germanistik und Philosophie studierte und 1978 den Literatur-Förderpreis seiner Heimatstadt Osnabrück entgegennahm, parallel zur Lese-Reise mit seinem aktuellen Konzertprogramm "Protest" durch ganz Deutschland.

Schon sieben Kunze-Bücher

Was viele nicht wissen: "Saldo Mortale" ist nicht das erste Buch des bekannten Liedermachers. Sieben Veröffentlichungen gibt es bereits. Die Titel sprechen für sich: "Ein Mann sagt mehr als tausend Worte", "Artgerechte Haltung", "Vorschuss statt Lorbeeren". Heinz Rudolf Kunze trifft den Nerv der Zeit. Auch den seines Heinsberger Publikums, das ihn auch nach zwei Stunden am liebsten gar nicht ziehen lassen will.

(RP)
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