Heinsberg Gebremstes Schlachtfest

Heinsberg · "Was hier reinkommt, übertrifft alles Machbare", heißt es beim Autoverwerter Becker. Was für den Betrieb am Ende dabei herauskommt, ist dagegen noch völlig offen. Die andere Seite der Abwrackprämie.

"Stellen sie sich vor, ab morgen müssten alle Deutschen mit dem Bus fahren. Mehr Busse gibt es aber nicht." Ähnlich überfordert, so Ivo Krichel, Betriebsleiter des Jackerather Autoverwerters Autoteile Becker, sei die Situation von Schrotthändlern und Verwertern. Während Autohäuser und Kunden von der Abwrackprämie profitieren, sei sie für das verwertende Gewerbe eine Straße voller Schlaglöcher und mit unbekanntem Ziel. Als "wohlmöglich existenzbedrohend" habe er die neue Gesetzgebung zu Beginn eingestuft, gibt Krichel im RP-Gespräch offen zu. Der Markt werde zerschlagen. Darauf richtig zu reagieren, sei nicht einfach. Bleiben die Gebrauchtteilepreise stabil? Bleibt der Kundenstamm erhalten oder wechseln viele auf Neuwagen? Dezimieren sich die Gebrauchtwagenhändler? Dann schwindet auch das Kundenpotenzial des Betriebes — eine Rechnung mit vielen Unbekannten, sagt Krichel.

Trotzdem müssten die Verwerter des Überangebots Herr werden. "Was hier reinkommt, übertrifft alles Machbare. Wir werden bombardiert", schildert der Betriebsleiter seine Lage. Der Andrang sei so massiv, dass sogar manche Schredder-Anlage der Region nicht nachkomme und Annahmen stoppen müsse: "Das hat es noch nie gegeben."

Massiv auf die Bremse getreten

Der Betrieb sei noch handlungsfähig und weiter in den schwarzen Zahlen, weil massiv auf die Bremse getreten werde und man nicht mehr alle Fahrzeuge annehme. Denn die bedeuteten für den Verwerter zunächst Kosten — vor allem beim Personal. Verwertungsnachweise müssten ausgefüllt und erklärt, die Wagen trockengelegt werden. Mit mehreren Stunden Arbeitszeit gehe man in Vorleistung, ohne die Fahrzeuge überhaupt ausschlachten zu können.

Genau damit verdiene der Betrieb aber sein Geld. Vier neue Aushilfen habe er eingestellt, um das zehn Mann starke Kernteam zu entlasten. Trotzdem würden viele Fahrzeuge direkt weiter zum Verschrotten gebracht, ohne sie zu verwerten. Dafür sei kaum Zeit. "Man muss einfach kanalisieren", sagt Krichel, "und die interessanten Wagen heraussuchen." Ansonsten stehe man sehr schnell vor dem Problem, keine Lagerflächen mehr zu haben. Die Frage, was er mit all den Autos machen soll, wenn er sie nicht vermarkten kann, wolle er sich erst gar nicht stellen. Immerhin sei die Nachfrage nach Gebrauchtteilen derzeit stabil. Vor der Situation im nächsten Jahr graut es ihm jedoch. "Dann kommt ein riesen Loch. Was wir dann an Teilen kriegen, muss sich noch zeigen."

frage des tages

(RP)
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