Erkelenz Freundschaft der besonderen Art

Erkelenz · Als Nikolaus und Knecht Ruprecht ziehen die Nachbarn Wilfried Herbst und Richard Krausewitz seit gut 30 Jahren durch die Häuser. Gestern waren sie im Kindergarten.

Erkelenz: Freundschaft der besonderen Art
Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Die Kinder des Kindergartens Venraths sitzen in einem Stuhlkreis. Aufgeregt rutschen sie hin und her, sie schweigen. Auf einmal klopft es an der Tür, alle rufen: "Herein!" Eine Gestalt tritt ein, sie trägt einen roten langen Mantel, eine Bischofsmütze und einen Stab - es ist der Nikolaus. Mit ihm kommt Knecht Ruprecht. Er trägt einen Sack mit sich, hoffentlich sind darin Geschenke.

Die Kindergartenkinder haben sich auf diesen Besuch vorbereitet. Gemeinsam sagen sie das Gedicht "Lieber guter Nikolaus" auf. Sie singen, im Hintergrund sind Geräusche von Glöckchen zu hören. Gespannt warten sie darauf, was der Nikolaus als Nächstes machen wird und ob er Geschenke mitgebracht hat.

Verehrt wird die Figur des Nikolaus schon seit dem sechsten Jahrhundert. Angelehnt an den Heiligen Bischof Nikolaus aus Myra. In heutiger Zeit dient der Besuch eines Nikolaus' nicht nur dem Überbringen von Geschenken, sondern hat auch erzieherischen Wert. Den Kindern werden dabei gerne die guten sowie die schlechten Taten verlesen, dann wird (gespielt) entschieden, ob sie Geschenke verdient haben. In Venrath verbirgt sich hinter dem langen weißen Bart des Nikolaus' Wilfried Herbst. Seine Tochter besucht den Kindergarten dort. Mit dabei ist sein Freund und Nachbar Richard Krausewitz als Hans Muff alias Knecht Ruprecht. Die beiden Kaulhausener sind seit gut 30 Jahren ein Duo und erfreuen Kinder, allein stehende Menschen, Familien und Kranke. Ihre stressigste Zeit des Jahres ist somit nicht an Weihnachten, sondern um den 6. Dezember.

Beide machen das freiwillig. Aus einem einmaligen Gefallen wurde ein Hobby. "Das Gefühl, erwartet zu werden, und die Herzlichkeit sind unsere größte Belohnung", sagt Krausewitz. Schon Wochen vorher bereiten die beiden sich auf die intensiven Tage rund um das Nikolausfest vor. Ihre Familien helfen beim Backen und Verpacken - schließlich bringt Nikolaus Geschenke mit. Kleine Körbe mit Plätzchen werden verteilt. "Die Geschenke müssen allerdings verdient werden. Ein Gedicht oder ein Lied sind Pflicht", sagt Herbst. Wer nicht mitmachen will, bekommt auch nichts.

Im Kindergarten bittet der Nikolaus jedes Kind einzeln zu sich. Er schaut in sein schlaues Buch und erklärt den Kindern, was sie in diesem Jahr gutgemacht haben. Immer wieder ist zu beobachten, dass sie erstaunt sind, woher der Nikolaus so viel weiß. Wird ihr Name aufgerufen, rutschen die Kinder langsam vom Stuhl, schauen verlegen auf den Boden, vergraben ihre Hände in die Hosentaschen und tappen Richtung Nikolaus. Der gibt ihnen die Hand und begrüßt sie mit Namen.

Die meisten blicken Nikolaus sehr ehrfürchtig an, nur ein Junge ist so keck und nutzt die Gelegenheit, um seine Wünsche zu äußern. "Einen Traktor und Schnee", sagt der Kleine. Nikolaus lacht und versichert ihm, dass er sich bemühen werde. Vorbereitet ist der Nikolaus auf alles, denn Fragen wie "Wo habt ihr eure Rentiere gelassen?" oder "Kommt ihr nicht mit dem Schlitten? Es liegt doch gar kein Schnee" sind keine Seltenheit. Herbst hat auf jede Frage eine passende Antwort. "Er ist ein Naturtalent", sagt Hans Muff über den Nikolaus. Am Ende seines Besuches packt Nikolaus natürlich noch Geschenke aus. Jedes Kind hat vor ein paar Tagen eine Socke aufgehangen, die es nun prall gefüllt zurückbekommt.

In den kommenden Tagen folgt ein regelrechter Terminmarathon: Hausbesuche und Besuche in Seniorenheimen im Erkelenzer Stadtgebiet, in denen inzwischen frühere Nachbarn ihres Heimatdorfs Kaulhausen leben. Zeitlich ist ihrem Einsatz dabei keine Grenze gesetzt: Vor ein paar Jahren waren sie im August bestellt worden - zu einer nachträglichen, über Monate mehrfach verschobenen Weihnachtsfeier. Sie waren natürlich zur Stelle. Mit Bart und in voller Montur.

(RP)
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