Analyse Flüchtlingshilfe ruft ihrerseits nach Hilfe und Planbarkeit

Erkelenz · Erkelenz hat dieses Jahr schon doppelt so viele neue Flüchtlinge aufgenommen wie im ganzen Vorjahr. Verwaltung und Ehrenamtliche stoßen langsam an Grenzen. Sie fordern ihrerseits Hilfe. Die muss geschaffen werden, denn 2016 wird das Jahr der Integration der neuen Flüchtlinge.

Das Säulendiagramm ist deutlich. Von 2007 bis 2011 hat Erkelenz nie mehr als 30 neue Flüchtlinge aufnehmen müssen, 2012 waren es auch nur 42. Dann jedoch änderte sich die Situation. Es werden 82 im Jahr 2013, danach 127. In diesem Jahr sind es bislang 263 neue Flüchtlinge, neben 89 alten, die Erkelenz beherbergt. Hinzu kommen jene 150 Menschen, die in Lövenich im Auftrag der Bezirksregierung untergebracht werden. Und zeitweilig waren weitere 210 Asylsuchende in der Turnhalle des Berufskollegs untergebracht worden.

So weit die nackten Zahlen des Säulendiagramms, das der Erste Erkelenzer Beigeordnete Dr. Hans-Heiner Gotzen im Sozialausschuss vorlegte. Hinter den Zahlen stecken allerdings Botschaften. Zum Beispiel, dass Kommunen wie auch die vielen ehrenamtlichen Helfer inzwischen an Grenzen stoßen. Oder dass es zunehmend schwerer fällt, auf die kurzfristigen Zuweisungen neuer Flüchtlinge zu reagieren.

Bis zum Mittwoch hatte Erkelenz in diesem Jahr 228 Flüchtlinge neu aufgenommen. Dann erfuhr die Stadt, dass kurzfristig 35 weitere kommen sowie acht unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die einer besonderen Fürsorge bedürfen. Schnell wurden zusätzliche Quartiere organisiert. Dass es in einem solchen Tempo nicht weitergehen könne, warnte Gotzen. Seitdem die 210 Flüchtlinge aus der Berufskolleg-Turnhalle in der Erstaufnahme in Wegberg-Petersholz untergebracht sind, sei Erkelenz wieder in der Pflicht, neue Flüchtlinge aufzunehmen. Mit einem weiteren Anstieg werde gerechnet. Geschehe der allerdings so sprunghaft wie am Mittwoch, "kann uns das schnell in die Lage bringen, so schnell handeln zu müssen, dass wir gegebenenfalls auf Mehrzweckhallen oder Turnhallen zurückgreifen müssen". Wo möglich, wolle die Stadt das jedoch vermeiden. Bisher habe Erkelenz noch immer andere Lösungen gefunden, so wurde jetzt ein Hotel in Gerderath angemietet, soll 2016 in Neuhaus neu gebaut werden und besteht bisher laut Gotzen eine hohe Bereitschaft, privaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Sowohl bei der Unterbringung als auch den personellen Ressourcen komme die Stadt jetzt aber, so Gotzen, "an Grenzen".

Noch funktionieren Unterbringung und Betreuung. "Außerordentlich dankbar" ist die Stadt, dass sie "bei der Bewältigung der Aufgabe auf ein großes ehrenamtliches Engagement zurückgreifen kann", betonte Gotzen. Jedoch sagte im Sozialausschuss Franz Thiel (SPD und Verein "Willkommen in Erkelenz"), "dass auch das Ehrenamt kurz davor ist, an Grenzen zu kommen. Wir brauchen Unterstützung." Er regte an, Stellen des Bundesfreiwilligendienstes zu schaffen: "Der Bund will 10.000 zusätzliche Stellen ermöglichen. So könnten wir das Ehrenamt entlasten und ihm die Möglichkeit geben, seine Angebote neu zu strukturieren." Mitgenommen wurde die Anregung von Bürgermeister Peter Jansen, der anerkannte, dass dem Ehrenamt zu helfen ist: "Wenn uns die Freiwilligen wegbrechen, wäre das das größte Fiasko."

Auf sie wird Erkelenz - wie andernorts - aber auch nächstes Jahr angewiesen sein. "Noch sind wir mit der Versorgung der Flüchtlinge beschäftigt, nächstes Jahr wird die Integration unser großes Thema", sagte Gotzen, wobei Astrid Wolters (SDP) mit ihrem Dank Mut machte: "Unsere Ehrenamtlichen und Stadtmitarbeiter schaffen heute schon eine Atmosphäre, in der später eine Integration gut möglich sein wird."

(spe)
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