Erkelenz Erkelenzer Spuren in Brasilien

Erkelenz · Was haben Erkelenz und die Weltmetropole São Paulo gemeinsam? Einen Straßennamen. Er erinnert an den Abt Peter (Dom Pedro) Eggerath. In Brasilien traf die RP eine Enkelin seines Bruders Wilhelm Eggerath.

 Marlene Kocher Jaggi (l.) vor der Kathedrale da Sé am "Nullpunkt" von São Paulo, einem sechseckigen Marmorblock von 1934. Ihre Gäste betreut sie geradezu mütterlich. Sie hat Wilhelm Eggerath noch kennengelernt.

Marlene Kocher Jaggi (l.) vor der Kathedrale da Sé am "Nullpunkt" von São Paulo, einem sechseckigen Marmorblock von 1934. Ihre Gäste betreut sie geradezu mütterlich. Sie hat Wilhelm Eggerath noch kennengelernt.

Foto: Laue

Die Welt ist klein. Dass in Brasilien viele Menschen leben, die von deutschen Vorfahren stammen oder schon einmal Deutschland besucht haben, ist nichts Ungewöhnliches. Aber die Begegnung mit Marlene Kocher Jaggi und ihre Geschichte erstaunt dann doch. Die Touristenführerin, die in São Paulo eine Reisegruppe begleitet, erzählt von ihrem deutschen Großvater mütterlicherseits: Wilhelm Eggerath.

Zweimal sei sie schon nach Deutschland gereist, um Familienangehörige zu suchen: in Erkelenz. Hier ist die Peter-Eggerath-Straße — zwischen Blumen Klauth und der Oerather Mühle — nach einem Bruder ihres Großvaters benannt. Den nach Brasilien ausgewanderten Benediktinermönch würdigte auch São Paulo mit der "Rua Dom Pedro Eggerath" in der Nähe des Museums Paulista.

Großvater war früher Mönch

Die 61-jährige Marlene, mit einem Schweizer verheiratet, spricht fließend Deutsch — mit einem bezaubernden portugiesischen Akzent. Die Gästeführerin, die in einem Vorort der brasilianischen Metropole lebt, erinnert sich gern an schöne Kindheitserlebnisse während der Besuche bei dem Opa, der eine Farm mit Kühen bewirtschaftete. Wilhelm Eggerath, so erzählt sie, sei zuerst Mönch gewesen wie sein Bruder Peter, der ihn ins Land holte.

Dann aber habe er die Oma kennengelernt und Abschied vom Kloster genommen. Fortan habe er als Inspektor auf Farmen des Ordens gearbeitet, später eine eigene Farm bekommen. Eine Schwester war Äbtissin in Süd-Brasilien. Im Amazonasgebiet starben Wilhelm Eggeraths Frau und zwei seiner vier Kinder an Malaria. "In Deutschland hat er wieder geheiratet und ging zurück nach Brasilien", berichtet Marlene Kocher Jaggi. In Erkelenz gebe es eine Cousine Monika, Tochter von Josef Eggerath, mit der ein Vetter einmal Kontakt gehabt habe. Erinnerungen an ihren Opa — Fotos und Dokumente — bewahrt Marlene in ihrem Zuhause auf.

Peter Eggerath wurde am 26. Januar 1880 in Buscherhof geboren. Den zu Erkelenz gehörenden Weiler westlich von Oestrich beschreibt Wilhelm Schmitz im Heimatkalender des Kreises Heinsberg 2010 in "Die zwölf Häuser von Buscherhof". Neun Jahre vor Peters Geburt zählte Buscherhof ein Dutzend Wohngebäude und 64 Einwohner. 1935 gab es nur eine Straßenbezeichnung: Kehrbuscherweg. Jahre zuvor hatte der junge "Pedro" den Weg nach Brasilien eingeschlagen.

Mit Mitte 30 war er Abt des Klosters St. Benedikt und Dekan des Gymnasiums in Rio de Janeiro und eines der neu begründeten Kloster in São Paulo. 1921 zog er als Bischof nach Boa Vista (Roraima / Norden) am Rio Branco. Damals ein Dorf: wenige weiße Siedler, riesige Viehherden. Die Annalen schreiben ihm große Werke zu: das Gebäude der Prälatur, Kollegium St. Joseph, Our Lady of Fatima Hospital, Engagement für Straßenbau, Elektrizität, Telegrafie und die Kirche im germanischen Stil.

1929 brach Dom Pedro alle Brücken ab und kehrte in seine Heimat zurück. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg trat er in die Benediktinerabtei Maredsous in Belgien ein. Hier wurde bei der Invasion deutscher Soldaten vieles zerstört. Peter Eggerath konnte mit diplomatischem Geschick die historische Klosterbibliothek und die Schule bewahren. Seine letzte Ruhe fand er 1947 in der Krypta.

(RP/rl)
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