Projekt „Schwein haben“ Erkelenzer Schülerinnen verzichten auf Fleisch

Mönchengladbach/Erkelenz · Zwei Erkelenzer Schülerinnen schildern im Rahmen des Projektes „Schwein haben“ der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, warum sie auf Fleisch verzichten. Gute Gründe gibt es viele.

 (V.l.) Hans-Peter Katz, Elisabeth Laumanns, Emily Wink und Emmy Richter setzen sich kritisch mit dem Thema Fleischkonsum auseinander.

(V.l.) Hans-Peter Katz, Elisabeth Laumanns, Emily Wink und Emmy Richter setzen sich kritisch mit dem Thema Fleischkonsum auseinander.

Foto: Eva Weingärtner

„Der Abend heute hat gezeigt, dass es viele Facetten des Fleischkonsums gibt und es auch ohne Fleisch gehen kann.“ Dieses Fazit zog Moderator Hans-Peter Katz, Vorsitzender des Katholikenrats der Region Mönchengladbach, am Ende der Veranstaltung zum Thema Konsumentenverhalten in der Jugendkirche St. Albertus (JIM) in Mönchengladbach. Der Diözesanverband Aachen der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), der Träger des Projektes „Schwein haben“ in Kooperation mit den Katholikenräten der Regionen Heinsberg und Mönchengladbach ist, hatte ein buntes Programm zusammengestellt, bei dem es um die Kundenorientierung und -bindung, die Wechselwirkung von Kunde und Handel sowie den Verzicht auf Fleischkonsum ging. Die Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW fördert das Projekt.

Für die Teilnehmer, die live und online dabei waren, gab es zunächst einen kurzen Einspieler mit einem Rückblick auf das anderthalb Jahre laufende Projekt, bei dem das Schwein Frieda im Mittelpunkt steht, das nun als Zuchtsau auf dem Stautenhof in Anrath bei Willich weiterlebt. Kurz darauf waren sie schon mitten im Thema. Johannes Simons, Mitarbeiter Marktforschung der Agrar- und Ernährungswissenschaft in der landwirtschaftlichen Fakultät der Uni Bonn, zeigte mit seinem Vortrag „Der Kunde ist König“, dass die Verbraucher zwar hohe Anforderungen an die Tierhaltung haben, aber nur ein geringer Teil bereit ist, kostendeckende Preise zu bezahlen. Er verdeutlichte, dass der Lebensmittelhandel über Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit und Tierwohl versucht, Reputation zu gewinnen, er aber durch den intensiven Wettbewerb in seinem Handlungsspielraum begrenzt ist.

Die Teilnehmer erfuhren, dass die Entwicklung der Einkäufe der privaten Haushalte zwischen 2015 und 2020 nicht eindeutig ist. Festzustellen ist dennoch, dass der Fleischkonsum bei Schweinefleisch zurückgeht, der Markt für Fleischersatzprodukte zwar wächst, aber mit 2,2 Prozent im Jahr 2021 immer noch eine untergeordnete Rolle spielt. Aus dem Vortrag von Johannes Simons ging auch hervor, dass wir alle als Konsumenten widersprüchliche Präferenzen haben und nicht immer konsequent sind. Obwohl wir wüssten, dass wir auf das ein oder andere verzichten sollten, würden wir dies verdrängen. So würden viele Menschen sich damit beruhigen zu sagen, dass sie Fleisch essen und keine toten Tiere.

Auf das Konsumentenverhalten ging auch Elisabeth Laumanns vom Katholikenrat Mönchengladbach ein. Anschaulich unterstrich sie, was bereits mit dem Referat von Johannes Simons deutlich wurde. Seien noch vor 1990 etwa hundert Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr Fleisch verzehrt worden, habe dieser Wert im Jahr 2021 bei 55 Kilogramm gelegen. Laumanns sagte, dass Frauen halb so viel Fleisch essen wie Männer. Je höher der Bildungsgrad und das Einkommen seien, desto gezielter werde weniger und besseres Fleisch verzehrt.

Elisabeth Laumanns unterstrich, dass es immer mehr zum Trend werde, auf Fleisch zu verzichten. Die Zahl der Vegetarier und Veganer habe sich von 2015 auf 2021 nahezu verdoppelt. 9,5 Prozent der Bundesbürger würden kein Fleisch essen. 75 Prozent der Vegetarier seien Frauen. Vieles von dem, was Laumanns mit Zahlen belegte, deckte sich auch mit den Ergebnissen der Konsumentenbefragung, die im Vorfeld der Veranstaltung durchgeführt wurde und an der 81 Interessenten teilgenommen hatten.

Nach der Vorstellung der Ergebnisse verdeutlichte Matthias Merbecks vom Volksverein Mönchengladbach: Menschen, die von Hartz IV oder der Grundsicherung leben, hätten ähnliche Ernährungsgewohnheiten wie der Rest der Bevölkerung. Es sei aber für sie nahezu unmöglich, sich nachhaltige Mahlzeiten zu leisten. So stehe zum Beispiel Hartz IV-Empfängern für die Ernährung 4,70 Euro am Tag und damit für drei Mahlzeiten zur Verfügung. „Da ist es selbstverständlich, dass man auf günstige Angebote zurückgreift“, so Merbecks. In dem Zusammenhang wies er noch darauf hin, dass es bei den Tafeln derzeit ein Aufnahmestopp für weitere Besucher gibt.

Einen weiteren Einblick in das Konsumenten- und Einkaufsverhalten gewährten Emily Wink und Emmy Richter aus Erkelenz, beide 17 Jahre alt und Vegetarierinnen. Ursprünglich waren beide große Fleischesser. Emily Wink entschied sich vor circa zwei Jahren von einem Tag auf den anderen, Vegetarierin zu werden – aus gesundheitlichen, ökologischen und klimatischen Gründen. Emmy Richter folgte im Alter von acht Jahren der Inspiration durch ihren Vater. Es dauerte jedoch drei Jahre, ehe sie komplett auf Fleisch verzichten konnte. Beide erklärten, dass es in ihrem Kreis viele Vegetarier gibt. Sie sprachen sich dafür aus, dass jeder seinen Fleischkonsum reduzieren sollte. Es gebe mittlerweile viele Ersatzprodukte sowie Rezepte ohne Fleisch.

Die nächste Veranstaltung im Rahmen des Projekts „Schwein haben“ findet am Mittwoch, 26. Oktober, von 19 bis 21.30 Uhr, in der Jugendkirche St. Albertus (JIM), Albertusstraße 38, in Mönchengladbach in hybrider Form statt. Dann wird es um Produktionsbedingungen gehen. Wer vor Ort oder digital teilnehmen möchte, muss sich anmelden. Den Link erhalten die Teilnehmer zwei Tage vor der Veranstaltung per E-Mail. Alle Anmeldungen erfolgen über die Projekthomepage www.projekt-schwein-haben.de. Weitere Infos sind bei der KAB-Diözese Aachen, Tel. 0241400180, oder dem Büro der Regionen Mönchengladbach und Heinsberg, Tel. 0216 980633 erhältlich.

(RP)
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