Erkelenzer Heimatverein sorgt für Neuauflage Eine Route gegen das Vergessen

Erkelenz · Der Heimatverein veröffentlicht in einer Neuauflage seiner Infobroschüre neue Details über Gewalt, Gräueltaten, Gleichschaltung und Widerstand während der NS-Zeit in Erkelenz.

 v.l.: Hubert Rütten, Stephan Muckel, Rita Hündgen, Wilfried Mercks, Theo Görtz und Michael Franke mit der Broschüre.

v.l.: Hubert Rütten, Stephan Muckel, Rita Hündgen, Wilfried Mercks, Theo Görtz und Michael Franke mit der Broschüre.

Foto: Christos Pasvantis

Nie wieder – dieses Motto zählt auch beim Heimatverein der Erkelenzer Lande zu den wichtigsten Themenfeldern. Seit vielen Jahren arbeitet der Verein die dunklen Kapitel der Stadtgeschichte während der NS-Zeit und des Zweiten Weltkriegs auf. „Und es gibt immer noch viele Punkte, bei denen es noch viel zu tun gibt“, sagt die Vorsitzende Rita Hündgen. Nun hat der Heimatverein seine Informationsbroschüre rund um die „Route gegen das Vergessen“ neu aufgelegt und erweitert. Die in der Region einmalige Route erinnert mit zwölf Stationen und Informationstafeln im Erkelenzer Stadtgebiet an Opfer, Täter und Widerstand während der nationalsozialistischen Diktatur.

Es ist die mittlerweile dritte Auflage des Flyers, der nun seit Anfang September, passend zum Kriegsbeginn (1. September 1939) und -ende (2. September 1945), wieder erhältlich ist. Auf 60 Seiten gibt die Broschüre vertiefende Informationen zu den zwölf Stationen der „Route gegen das Vergessen“ mit Erinnerungsorten in der Erkelenzer Innenstadt sowie in Hetzerath, Lentholt und Lövenich.

„Das Thema Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung ist in Deutschland noch immer aktuell. Das beklemmende Gefühl, dass das Erinnern an die Verbrechen von damals auslöst, ist dabei manchmal auch notwendig“, sagt Bürgermeister Stephan Muckel. Gleichzeitig würden die Zeitzeugen, die aus erster Hand von den Gräueltaten der Nazis berichten können, im Lauf der Zeit immer weniger werden. Indem man die Erinnerung wach halte, übernehme man Verantwortung dafür, dass sich die Geschichte nicht wiederhole.

Eröffnet wurde die Route gegen das Vergessen in Erkelenz 2008 – zu diesem Zeitpunkt hatten auch Schüler des Cornelius-Burgh-Gymnasiums bereits eine elektronische und ähnliche Route entwickelt, erinnert Wilfried Mercks vom Heimatverein. „Unsere Route hat sich seitdem immer weiterentwickelt und ist für unsere Region einzigartig“, sagt er nicht ohne Stolz.

Zu absolvieren sind die 24 Kilometer idealerweise mit dem Fahrrad. Dabei wird man über alle relevanten Stationen dieser dunklen Epoche geführt. Dabei sind Orte in der Innenstadt wie der Alte Friedhof an der Brückstraße, die ehemalige Synagoge und der jüdischer Friedhof, aber auch Stellen in Außenorten wie die ehemalige Synagoge mit Friedhof in Schwanenberg-Lentholt, der Spiesshof in Hetzerath und das Feuerwehrmuseum Lövenich.

Vor allem der Platz in Schwanenberg sei extrem bedrückend, sagt  Mercks. Im Ort lebte einst die erste jüdische Gemeinde in Erkelenz, die Nazis zerstörten Synagoge und Friedhof. „Das alles wurde damals einfach niedergewalzt, teilweise zu Baustoff verarbeitet. Wenn ich heute dort bin und darüber nachdenke, wird mir speiübel. Für mich eines der größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sagt Mercks.

Neu in der Broschüre, die begleitende Informationen für die Route liefert und von Mercks, Hündgen, Hubert Rütten überarbeitet und von Künstler Michael Franke gestaltet wurde, ist auch ein ausführlicher Bericht über den in Terheeg geborenen Joseph Emonds. Er hat als Geistlicher jüdischen Menschen geholfen. Ihm wird seit einigen Jahren in Israel in Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ gedacht.

Aus der Route gegen das Vergessen haben sich in den vergangenen Jahren viele weitere Projekte entwickelt. Sehr häufig entspringen Ideen dazu in den weiterführenden Schulen der Stadt, wie Hubert Rütten vom Heimatverein betont. Rita Hündgen, ehemalige Schulleiterin des Cusanus-Gymnasiums und Geschichtslehrerin, sagt: „Die Broschüre stellen wir auch den Geschichtslehrern unserer Schulen zur Verfügung.“

Auch zum Gedenken an die Reichspogromnacht am 9. November soll es wieder Schulprojekte geben. Die Aktion der akustischen Stolpersteine, bei der am 27. Januar zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus alle bekannten Namen der deportierten Personen aus dem Erkelenzer Stadtgebiet in Dauerschleife am Marktplatz abgespielt werden, ist ebenfalls aus dem Projekt heraus entstanden.

Als gedruckte Version mit limitierter Auflage von 200 Exemplaren gibt es derweil ab sofort auch Band 33 aus der Schriftenreihe des Heimatvereins über den Alten Friedhof Brückstraße. Zuvor stand es nur online zur Verfügung. Es ist für 12,50 Euro in den Buchhandlungen Wild und Viehausen sowie in der Geschäftsstelle zu erwerben. In der Geschäftsstelle gibt es auch den Flyer – Spenden sind gerne gesehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort