Shakespeare-Stück in Erkelenz Die Matrjoschka der Bühnenkunst

Erkelenz · Das Stück im Stück im Stück: Die Burghofbühne Dinslaken war mit ihrer Version von Shakespeares „Sommernachtstraum“ in der Stadthalle zu Gast und hatte gleich noch eine weitere Erzählebene im Gepäck.

 Szene aus der modernen Inszenierung des Shakespeare-Stücks „Ein Sommernachtstraum“ in der Stadthalle Erkelenz. Die Schauspieler trugen dabei durchsichtige Masken.

Szene aus der modernen Inszenierung des Shakespeare-Stücks „Ein Sommernachtstraum“ in der Stadthalle Erkelenz. Die Schauspieler trugen dabei durchsichtige Masken.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Es ist eine der bekanntesten Komödien über die Irrungen und Wirrungen der Liebe – Shakespeares „Sommernachtstraum“ fasziniert und begeistert seit rund 400 Jahren. Die Burghofbühne Dinslaken hat sich einer Neuinterpretation des Stoffes angenommen und läutete mit der Aufführung in der Stadthalle sogleich den Neustart für die Kulturveranstaltungen in ebendieser ein.

Wer das Stück kennt, weiß bereits, wie die verschiedenen Handlungsebenen am Ende zueinanderfinden – zum Einen das höfische Athen, wo die Vorbereitungen für die Hochzeit von Herzog Theseus und Amazonenkönigin Hippolyta auf Hochtouren laufen und das die vier Verliebten Hermia, Helena, Lysander und Demetrius ihr Zuhause nennen; zum Anderen das Athen der Handwerker, die als Amateurtruppe das Stück „Pyramus und Thisbe“ für die Hochzeit proben, sowie der magische Wald der Elfen, der von dem Streit des Königspaars Titania und Oberon erschüttert wird. Nicht zuletzt durch den Elf Puck, die rechte Hand des Elfenkönigs, verschwimmen die Grenzen zwischen den vermeintlich separaten Erzählsträngen immer mehr.

Doch selbst für „Wiederholungstäter“ birgt die Interpretation der Burghofbühne, die erst am 5. September in Dinslaken uraufgeführt wurde, neue Ansätze. Eingebettet sind alle Handlungsebenen in eine zusätzliche Rahmenerzählung von einer modernen Theaterprobe. Es gibt keine opulenten Kostüme – dafür aber wegen der Corona-Pandemie Visiere aus Plastik für die Darsteller, deren Nähe sich auf der Bühne nicht vermeiden lässt. Auch auf einen großen Wink, der einen Szenenwechsel zu verstehen gäbe, wartet das Publikum vergeblich.

Das Ensemble ist vergleichsweise klein, so dass einige Schauspieler gleich drei verschiedene Charaktere verkörpern. Das Bühnenbild bleibt abstrakt, und so mühelos, wie die Schauspieler vom einen Moment auf den anderen in die nächste Rolle schlüpfen, erfordert es doch einige Aufmerksamkeit vom Zuschauer, um das Bühnengeschehen nahtlos verfolgen zu können.

Doch trotz, oder vielleicht genau wegen der recht schmucklosen Präsentation liegt der Fokus vornehmlich auf der Leistung, den Stimmen und der Gestik der Schauspieler, die diese Bürde mühelos tragen. Selbst der eine oder andere theatralische Ausruf sei nicht nur verziehen, er gehört ins Scheinwerferlicht – schließlich ist es nicht nur für die Athener Handwerker die erste Theatererfahrung, auch für das Ensemble ist es gewissermaßen die erste Probe.

Die Darsteller haben merklich Spaß mit ihren Rollen und verflechten spielerisch die verschiedenen Orts- und Zeitebenen miteinander. Wird spontan jemand umgebracht, der im Original nicht sterben soll, kommt der „Regisseur“ auf die Bühne, um den querdenkenden Schauspieler für den Charakterbruch zurechtzustutzen.

Originaltexte werden zwar mit modernen Ausdrücken und Einschüben versehen, das jedoch ohne den immersiven Schleier des Stückes je vollständig zu lüften. Das Bühnenstück der Dinslakener ist noch verschachtelter, als Shakespeare es ursprünglich erdacht hatte, aber nie so verworren, dass sich der Zuschauer in den schnellen Wendungen verliert.

Die Erkelenzer ließen sich gern auf diesen etwas anderen „Sommernachtstraum“ ein und spendeten reichlichen Applaus. Gemeinsam mit dem gut durchdachten Hygienekonzept für die Stadthalle verhieß die erfolgreiche Vorstellung Gutes für die kommenden Stücke der Theatersaison und die weiteren Veranstaltungen, die nun wieder stattfinden dürfen.

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