Familie Müller-Platz aus Erkelenz Mama ist eine Macherin

Erkelenz · Bei Familie Müller-Platz ist jeden Tag Mutter-Tochter-Tag: Viktoria und Charlotte haben ihre Mutter Elisabeth zur Chefin - eine Geschichte von Müttern, die von ihren Müttern lernen, und Töchtern, die machen wollen, was ihre Mütter tun.

Viktoria, Elisabeth und Charlotte Müller-Platz auf Haus Hohenbusch in Erkelenz (v.l.).

Viktoria, Elisabeth und Charlotte Müller-Platz auf Haus Hohenbusch in Erkelenz (v.l.).

Foto: Anne Orthen (ort)

Wenn sie als Kind mit der Mutter durch die Erkelenzer Innenstadt ging, dann war das schon manchmal nervig. "Sie kannte ja immer fast alle", sagt Viktoria (28) und schaut zu ihrer Schwester Charlotte (24). "Alle", sagt die und lacht.

Es gibt diese Menschen, die stadtbekannt sind. Die etwas in die Hand nehmen und verändern, einfach mal machen. In dieser Geschichte ist das eine Frau, eine Mutter. Ihr Name ist Elisabeth Müller-Platz (55).

Die Müller-Platzens - die Geschichte der Familie geht in Erkelenz bis 1850 zurück - sind eine Frauendynastie, starke Frauen und starke Mütter sind die Chefs. Und das bereits seit zwei Generationen: Großmutter Annemarie Müller-Platz übernahm nach dem Tod ihres Mannes den Betrieb von Baumschule und Gartencenter. Die Baumschule war im 19. Jahrhundert gegründet worden, das Gartencenter gibt es seit den 70ern. Eine Ausbildung in dem Bereich hatte Großmutter nicht. "Sie war ganz plötzlich Chefin. Und Familienoberhaupt", sagt Elisabeth, ihre Tochter.

Die Familie muss funktionieren

Mutter also, Chefin und Oberhaupt einer Familie, die einen Betrieb hat, einen Familienbetrieb. Das bedeutet: Alle helfen mit, die Familie muss funktionieren. Kinder eines Familienbetriebs wissen von klein auf, was ihre Eltern machen, fahren mit zum Handelshof, helfen an der Kasse, wachsen in den Betrieb hinein. So war das früher bei Elisabeth. Und so war das auch bei Viktoria und Charlotte.

Ihre Kindheit verbrachten die Schwestern im Umfeld von Gartencenter und Baumschule. Das Elternhaus, direkt daneben, war zu den Essenszeiten immer gefüllt. "Zum Abendessen kamen immer alle zusammen", sagt Viktoria. Der Tisch musste gedeckt sein, wenn alle kamen: Oma aus dem Gartencenter, Vater und Mutter aus der Baumschule, die Schwestern der Mutter, Marianne und Caroline, noch dazu.

Heranwachsende Töchter versuchen häufig, sich von ihren Müttern zu lösen. Und dafür gehen sie manchmal weit weg. Viktoria und Charlotte wollten beide ins Ausland, die eine war eine Zeit lang in Argentinien und England, die andere ging nach Bolivien. "Ich wusste aber immer, dass ich irgendwann wieder zurückkommen will", sagt Viktoria. Charlotte nickt. So wie ihre Mutter Elisabeth, rund 30 Jahre zuvor. Als ausgebildete Gartenbautechnikerin war auch sie im Ausland unterwegs, in der Schweiz, in England und den Niederlanden. Und kam zurück nach Erkelenz, um nach dem Tod des Vaters die Baumschule zu übernehmen - mit 24 Jahren.

Frei nach dem Motto: einfach machen

Als die sich nicht mehr rentierte, fasste Elisabeth 2005 einen mutigen Entschluss. Aus dem Hobby, Gäste zu empfangen und zu bewirten, machte sie einen Beruf. Und aus den Büroräumen der Baumschule einen Veranstaltungsraum - mit dem Namen "Müller's Platz". "Zuerst hatten wir nur den Raum", sagt sie. Gekocht habe sie am Anfang selbst. Frei nach dem Motto: einfach machen. "Dann kamen die Küche und der Catering-Service. Inzwischen haben wir eine Crew von neun Personen mit zwei Köchen."

"Meine Mutter ist eine Macherin", sagt Charlotte. "Müller's Platz" war aber nicht genug. Vielmehr steht der Name heute für Catering und Service von Veranstaltungen in der Region. Mit Hochzeiten, Firmen- und Familienfeiern und anderen Events sind die zwei Räume - zu dem "Platz" kam bald das "Plätzchen" - oft ausgebucht. Elisabeths Firma, der 54 Mitarbeiter angehören, kümmert sich auch um Arbeiten rund ums Haus. Vor zwei Jahren eröffnete sie auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Haus Hohenbusch das "Klostercafé". Das hat an vier Tagen in der Woche geöffnet, die Küche ist regional, "auf den Ort abgestimmt", sagt sie. Es gibt Eintöpfe, Reibekuchen, Windbeutel - Rezepte der Familie.

Doch die Macherin macht nichts allein. Nach ihrer Ausbildung zur Hotelfachfrau und Arbeit im Ausland kam Viktoria vor vier Jahren zurück. "Meine Mutter hat mir die Gelegenheit geboten, und ich dachte mir: Ich guck mir das mal an", sagt sie: "Bei anderen Chefs muss ich aufpassen, was ich sage. Mit meiner Mutter kann ich offen sprechen." So sieht das auch ihre Schwester. Die ausgebildete Veranstaltungskauffrau übernimmt die Betreuung des "Klostercafé" oft allein.

„Man weiß, wofür man arbeitet"

Ein Mutter-Töchter-Gespann, das viele Ideen hat und viele mehr noch realisiert. "Wir haben alle drei unterschiedliche Stärken, und das ergänzt sich", sagt Viktoria. Ihre Mutter nennt es das "Prinzip der Gruppe": "Dann weiß man einfach, wofür man arbeitet." Das Trio beweist: Unterschiedliche Charaktere zwischen Mutter und Tochter müssen nicht immer zu Konflikten führen. Nicht immer lehnen sich Töchter gegen ihre Mütter auf. Bei Viktoria und ihrer Mutter ist es manchmal sogar umgekehrt. "Ich bin ein bisschen der Ausbremser der zahlreichen Ideen der beiden", sagt sie. "Manchmal ist es gut, über Entscheidungen noch eine Nacht zu schlafen." Elisabeth und Viktorias Schwester Charlotte haben aber oft spontane Einfälle. Wie die Sache mit dem Food Truck. "Da bin ich in den Urlaub gefahren, und als ich zurückkam, hatten sie einfach ohne mich entschieden, einen Food Truck zu kaufen", sagt Viktoria. Den Wagen kann man mieten, bei Veranstaltungen gibt es dort ein Extra-Menü, zum Beispiel Burger.

Dass ihre Mutter ihr Chef ist, nervt die Schwestern selten. Beide stehen hinter dem Betrieb und sind mit vollem Herzen dabei. Auch die Urlaubsplanung richten sie danach aus. "Wenn Bauernmarkt auf Haus Hohenbusch ist, ist die ganze Familie eingespannt. Da käme keine von uns auf die Idee, sich auszuklinken."

Immer noch kommt die Familie zum Abendessen zusammen, im Elternhaus, an einem Tisch. Nach dem Tod der Großmutter übernahm Tante Caroline das Gartencenter, ihre Tochter Anna kommt täglich nach der Schule zu Besuch. "Wir sind abends sechs bis sieben Personen", sagt Charlotte: "Der Familienrat." Auch Vater Wilfried ist dabei. Berufliches und Privates wird dort besprochen, keine Entscheidung geht vorbei an der Familie, in der jeden Tag Mutter-Tochter-Tag ist.

(lhen)
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