Veranstaltungsprojekt im Krankenhaus Zeit zum Auftanken
Erkelenz · „Geschenkte Zeit“ gibt es im Hermann-Josef-Krankenhaus. Das Angebot der Seelsorge, an dem sich viele Ehrenamtliche beteiligen, setzt dem Alltag mit Schmerz und Leid etwas Positives entgegen.
Kranken wie gesunden Menschen Zeit schenken, damit sie neue Gedanken fassen und zur Ruhe kommen können – das hat sich das ökumenische Team der Krankenhausseelsorge zur Aufgabe gemacht. Monika Fernandes, Wolfgang Krosta und Ute Saß gestalten mit derzeit 15 Ehrenamtlichen jeden Mittwoch ein neues Angebot in der Erkelenzer Krankenhauskapelle.
„Im Krankenhaus sind Leid, Schmerz und Tod ein Teil des Alltags“, sagt die katholische Seelsorgerin Fernandes. „Wir wollen dem etwas Positives entgegensetzen“. Sinnsuchende – egal ob Patienten, Angehörige oder Menschen von außerhalb des Krankenhauses – finden durch den Ruhepol der „Geschenkten Zeit“ die Möglichkeit aufzutanken.
Für die Gestaltung der Termine gibt es jenseits des zeitlichen Rahmens von 30 Minuten keine Vorgaben. So unterschiedlich die Ehrenamtler und Seelsorger in ihren Interessen sind, so unterschiedlich fallen die wöchentlichen Veranstaltungen aus. In der geschmückten Kapelle waren schon die Musikschule sowie Kinder- und Gospelchöre zu Gast, der Liedermacher Theo Schläger spielte und erklärte seine Kompositionen, Autorenlesungen und Märchenerzählungen waren genauso Teil wie Gedichte, Gebete mit Musik oder Psalmauslegungen. Durch die enorme Vielfalt des Programms zielen die Organisatoren darauf, jeden Geschmack zu treffen. Begleitet werden die Veranstaltungen durch meditative Instrumentalmusik, um das Gesagte sacken zu lassen und den Impulsen in Gedanken nachzugehen. Bis zu 30 Gäste nehmen teil, zudem ist seit dem Neustart die einheitliche Fernsehübertragung auf alle Zimmer des Hermann-Josef Krankenhauses möglich gemacht worden – jeder Patient kann über Kanal 24 an der „Geschenkten Zeit“ teilhaben.
„Es geht zwar maßgeblich noch um christliche Inhalte, aber in viel kürzerer und schlichterer Form“, sagt Krosta, der die „Geschenkte Zeit“ als meditatives Pendant zur zweimal wöchentlich stattfindenden Messe sieht. Das gelte auch für die Gestaltung durch Ehrenamtler, die persönlich nicht viel mit der Kirche zu tun haben, schließlich seien Nächstenliebe, Vergebung oder Achtsamkeit ganz unabhängig von der Religion wichtige Werte. Nach der „Geschenkten Zeit“ bleiben viele Besucher noch im Vorraum beisammen, um sich bei Getränken und Keksen zu unterhalten.
Begonnen hat das Projekt 2017. „Wir wollten die Kapelle mehr miteinbeziehen, um den Patienten das Abschalten in räumlicher Trennung von ärztlichen Themen zu ermöglichen“, sagt Fernandes. Ein Informationsabend mit Interessierten war die Geburtsstunde des Projektes, das fortan immer mittwochs für eine halbe Stunde stattfinden sollte, um eventuelle Hemmschwellen der Patienten sowie den Aufwand für das Personal möglichst klein zu halten. Nach zwei Jahren wurde eine Pause anberaumt, um den Ehrenamtlichen Ruhe zu gönnen und mit frischen Ideen neu zu starten. Dennoch ist die Unterstützung durch Personal und Krankenhausleitung ungebrochen.
Wolfgang Krosta war 20 Jahre lang evangelischer Pfarrer einer Umsiedlungsgemeinde. Durch den Stellenwechsel wollte er sich mehr Zeit für die Begleitung von Menschen nehmen. Auch Ute Saß ist evangelische Gemeindepfarrerin und seit 2016 in Hückelhoven und für die Krankenhausseelsorge tätig. Fernandes ist seit 2011 Krankenhausseelsorgerin und Psychoonkologin in Erkelenz. „Nach drei Minuten wusste ich: Hier willst und wirst du arbeiten“, erinnert sie sich. „Ich finde es wunderbar, wenn Menschen uns so viel Vertrauen entgegenbringen und sich öffnen. Ich habe viel gewonnen und sehe das Leben mit anderen Augen“, sagt Krosta über seinen Antrieb. Fernandes stimmt zu: „Den Menschen dabei zu helfen, mit sich selbst und Anderen ins Reine zu kommen und zu erkennen, dass die verbleibende Zeit lebenswert ist, treibt mich an.“