Betreiber SKFM Erkelenz zieht Bilanz Frauenhaus immer stärker belegt

Erkelenz · In den vergangenen sechs Jahren ist die Belegungsquote des Frauenhauses für den Kreis Heinsberg von 52 auf 77 Prozent gestiegen. Das legt die Jahresstatistik des Sozialdienstes SKFM offen, der die Einrichtung betreibt.

 Der SKFM ist seit mehr als 30 Jahren im Kreis Heinsberg aktiv. 2018 erfuhren mehr als 600 Menschen Rat und Hilfe durch den Verein.

Der SKFM ist seit mehr als 30 Jahren im Kreis Heinsberg aktiv. 2018 erfuhren mehr als 600 Menschen Rat und Hilfe durch den Verein.

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Jahr für Jahr wird das Frauenhaus für den Kreis Heinsberg mehr benötigt. Das belegen Zahlen des Sozialdienstes Katholischer Frauen und Männer, der diese Einrichtung von Erkelenz aus steuert. Groß ist auch der Bedarf an den anderen Angeboten des SKFM. So ist die Wohngemeinschaft „Die Weiche“ für junge Männer mit besonderen Schwierigkeiten im vergangenen Jahr zu annähernd 110 Prozent ausgelastet gewesen oder waren die Wohngemeinschaften für Frauen mit Kindern in Hückelhoven und Wegberg sowie die angegliederte Notaufnahme zu fast 99 Prozent belegt.

Die Palette der physischen Gewalt von Männern an Frauen im Privaten – über alles soziale Gruppen hinweg – ist vielfältig, erklärt Werner Jackels, Vorsitzender des SKFM, zu dessen Jahresbericht: „Schubsen, an den Haaren ziehen, Schläge, Tritte, Würgen, mit Waffen und Messern drohen und verletzen, bis hin zu Vergewaltigungen und Tötungsdelikten. Nicht nur ,ein blaues Auge’, sondern auch Prellungen, Blutergüsse, Knochenbrüche und offene Wunden sind dann die schrecklichen, sichtbaren und schmerzhaften Leiden dieser Frauen. Anders ist es bei der psychischen Gewalt, wo keine offenen Wunden oder Verletzungen sichtbar sind.“ Die Gewalt eskaliere in der Partnerschaft oft in dem Moment, „in dem die Frau ihren Mann verlassen will. Oder kurz danach.“ Auch deshalb sei es unabdingbar, dass Frauen Schutz und Sicherheit in einem Frauenhaus finden: „Nach diesen sehr belastenden und oft traumatischen Erlebnissen sind professionelle Hilfe, Unterstützung und Beratung durch unsere qualifizierten Mitarbeiterinnen sichergestellt.“

 Werner Jackels und Karoline Steffens ziehen Bilanz: Das Frauenhaus des SKFM für den Kreis Heinsberg ist nach dem Umzug im vergangenen Jahr noch einmal stärker als früher benötigt worden.

Werner Jackels und Karoline Steffens ziehen Bilanz: Das Frauenhaus des SKFM für den Kreis Heinsberg ist nach dem Umzug im vergangenen Jahr noch einmal stärker als früher benötigt worden.

Foto: SKFM

Hilfe wird seit dem vergangenen Jahr an einem neuen Ort angeboten. Das Frauenhaus für den Kreis Heinsberg ist umgezogen. „Wir freuen uns, nun in einem modernen, ebenerdigen und hellen Haus Zuflucht gewähren zu können“, sagt SKFM-Geschäftsführerin Karoline Steffens. Dass es nicht üblich sei, eine solche Hilfe anbieten zu können, erinnert in diesem Zusammenhang Werner Jackels: „Im vergangenen November stellte die Bundesfamilienministerin neue, schockierende Zahlen des Bundeskriminalamtes zur Partnerschaftsgewalt vor. Franziska Giffey räumte ein, dass 350 Frauenhäuser in Deutschland nicht reichen. So bin ich froh, dass die Kreistagspolitiker sich für ein Frauenhaus in unserem Kreis Heinsberg entschieden haben.“ Seit der Gründung im Jahr 1991 hat dieses 1800 Frauen und 3600 Kindern Zuflucht gegeben. Allein in den vergangenen sechs Jahren stieg die Belegungsquote von 52 auf 77 Prozent, legt der SKFM in seiner Jahresstatistik offen.

Ein steigender Bedarf besteht aber auch aufseiten der jungen Männer, erklärt Karoline Steffens: „Aufgrund der großen Nachfrage in den vergangenen Jahren wurde im Herbst eine Platzzahlerweiterung der ,Weiche’ beim Landschaftsverband beantragt und auch bewilligt. Es ist uns gelungen, eine geeignete Immobilie anzumieten. Dazu wurde eine Mitarbeiterin eingestellt, die den Bereich des ambulant betreuten Wohnens erweitert.“ Ein Schwerpunkt liegt auf Männern zwischen 21 und 40 Jahren, die aus der Haft entlassen wurden oder von einer solchen bedroht sind. 2018 wurden in der Wohngemeinschaft insgesamt zwölf Männer betreut. Von den 2190 möglichen Belegungstagen war „Die Weiche“ an 2407 Tagen belegt. „Dies entspricht einer Auslastung von 109,9 Prozent“, heißt es im Jahresbericht des SKFM. „Die Belegung über 100 Prozent kommt durch die häufige Belegung des Notzimmers zustande.“

Vollständig ausgelastet waren ferner die Wohngemeinschaften für Frauen mit Kindern und die angebundene Notaufnahme, in der in erster Linie wohnungslose Frauen vorübergehend Unterkunft finden, um über die künftige Lebensgestaltung in Ruhe nachdenken zu können. 2018 fanden 20 Frauen im Alter zwischen 18 und 62 Jahren und fünf Kinder in den Wohngemeinschaften eine Bleibe. Umgebaut wurde in der Hückelhovener Wohngemeinschaft im Vorjahr ein Gemeinschaftsraum in eine separate Trainingswohnung, „die den nächsten Schritt in Richtung ,Auszug’ in die eigene Wohnung ermöglicht“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort